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Julia nimmt während der Pandemie an virtuellen Workshops von Plan International teil. ©Sandra Sebastián / Plan International
Julia nimmt während der Pandemie an virtuellen Workshops von Plan International teil. ©Sandra Sebastián / Plan International
09.08.2021 - von Sarah Koch

"Eine gute Anführerin gibt niemals auf!"

Für Julia aus Ecuador ist Leadership nicht nur ein abstrakter Begriff. Nach der Teilnahme an zahlreichen Workshops von Plan International ist sie zu einer selbstbewussten Aktivistin geworden, die ihr eigenes Leben und die Zukunft ihrer Gemeinde positiv gestalten will. Dabei lässt sie sich auch nicht von einer Pandemie aufhalten.

Als die 19-jährige Julia gefragt wurde, ob sie an einem Führungsprojekt für indigene Mädchen und junge Frauen teilnehmen möchte, zögerte sie keine Sekunde. Sie stammt aus einer ethnischen Gemeinschaft der Maya-K’iche’ in Guatemala und lebt im Department El Quiché, dem Hochland ihres Volkes.

“Da, wo ich lebe, gibt es nicht genug junge Führungskräfte, weil die Erwachsenen ihnen keine Möglichkeit dazu geben. Vor ein paar Jahren trat ich einer Organisation für Gesundheitsförderung bei, in der mein Vater gearbeitet hat. Es gab dort fünf junge Leute, die gerne mehr Verantwortung übernehmen wollten. Die Erwachsenen sagten, dass wir das nicht könnten, und wollten uns keine Chance geben. Wir haben es dort nicht mal drei Wochen ausgehalten”, erzählt Julia.

Niemand in Julias Familie ist je über das dritte Schuljahr hinausgekommen. Ihre Eltern hatten nicht einmal die Gelegenheit, zur Grundschule zu gehen, aber sie waren fest entschlossen, ihren Kindern eine bessere Schulbildung zu ermöglichen. Julia ging zur Schule, bis sie 15 war: Nun möchte sie Gemeindeleiterin und Musikerin werden.

“Mein Vater sagt, dass unsere weiterführende Bildung in unserer eigenen Verantwortung liegt”, erklärt Julia. “Mein Ziel ist es, singen zu lernen und dann einige Kurse zu belegen.” Sie hofft, sich auf einer günstigen Akademie in Quiché einschreiben zu können und ihren Traum zu erfüllen. Denn wenn sie kein Stipendium erhält, muss sie ihr Studium selbst finanzieren.


Plan Workshops geben Julia neues Selbstbewusstsein

Julia beweist, das manche Traditionen überholt sind, und junge Menschen mitbestimmen sollten. ©Sandra Sebastián / Plan International
Julia beweist, das manche Traditionen überholt sind, und junge Menschen mitbestimmen sollten. ©Sandra Sebastián / Plan International

In den Jahren 2019 und 2020 nahm Julia an einer Reihe von Workshops teil, die von Plan International durchgeführt wurden. Aufgrund der Covid-19-Pandemie mussten die Sitzungen auf virtuellen Plattformen stattfinden. Nicht alle funktionierten auf Julias Handy, und oft musste sie zu ihrer Cousine gehen, um Zugang zum Internet zu bekommen.

Die Workshops deckten eine Vielzahl von Themen ab: Schwangerschaftsverhütung, häusliche Gewalt, Selbstvertrauen, Leadership, politische Einflussnahme und gesellschaftliche Teilhabe. “Nach den Workshops war ich ein anderer Mensch. Das ist auch meiner Familie aufgefallen, besonders meiner Mutter. Vorher war ich oft allein und sehr schüchtern. Jetzt habe ich keine Hemmungen mehr, mit Menschen zu reden”, sagt Julia.

Obwohl in ihrer Gemeinde keine Corona-Fälle gemeldet wurden, war der Alltag der Bewohner:innen betroffen. Die Familien richteten sich sieben Monate lang nach einer Ausgangssperre ab Sonnenuntergang. “Ich kenne zum Glück niemanden, der an Covid-19 erkrankt ist, aber unser Handel hat sich verringert, und einige Arbeitsplätze gingen verloren”, berichtet sie.

Vor dem Ausbruch der Pandemie konnte Julia im Februar 2020 die Hauptstadt Guatemalas besuchen und am nationalen Treffen der indigenen Jugend teilnehmen, das von Plan International und der Jugendbewegung der Maya organisiert wurde. Dort tauschte sie sich mit Jugendlichen aus anderen Regionen des Landes aus und erhielt Einblicke in die Arbeit der indigenen Frauenbeauftragten.

Julia wird in ihrer Gemeinde aktiv

Sauberes Trinkwasser hat in Julias Plan für die Gemeinde hohe Priorität. Deshalb ist sie auch Mitglied im Wasserkomitee. ©Sandra Sebastián / Plan International
Sauberes Trinkwasser hat in Julias Plan für die Gemeinde hohe Priorität. Deshalb ist sie auch Mitglied im Wasserkomitee. ©Sandra Sebastián / Plan International

Ihre neuen Leadership-Kompetenzen halfen ihr Mitglied des Wasserkomitees der Gemeinde zu werden, wo sie ihren Vater vertritt, der krankheitsbedingt ausgestiegen ist. “Es ist fast ein Wunder, dass ich in so jungen Jahren im Wasserkomitee bin”, freut sich Julia, denn solche Positionen waren bisher nur von Erwachsenen besetzt.

Das Wasserkomitee trifft sich mindestens einmal im Monat mit Vertreter:innen aus 20 Gemeinden, um sich über Wasserknappheit, anfallende Kosten und die Verläufe der neu geplanten Wasserleitungen auszutauschen.

In einem der Workshops von Plan International, an dem Julia teilgenommen hat, hat sie einen Aktionsplan für Verbesserungen in ihrer Gemeinde entworfen. Die Umsetzung ist schwieriger als ursprünglich erwartet, da die Aktion durch die Pandemie verlangsamt wurde. Der Plan enthielt Vorschläge für die Beschaffung von Spenden, um Stifte, Stühle, Tische und Vorhänge für das örtliche Lernzentrum zu besorgen. "Für mich ist das Wichtigste die Bildung. Ich möchte, dass alle Kinder unserer Gemeinde einen ordentlichen Platz zum Lernen haben", erklärt sie.

Trotz aller Schwierigkeiten ist Julia fest entschlossen, weiter ihre Ziele zu verfolgen und ihre Gemeinde weiterzuentwickeln. Sie will dafür sorgen, dass der Gesundheitsdienst über genügend Pflege- und medizinisches Personal verfügt, eine gute Versorgung mit sauberem Trinkwasser gewährleistet ist und der Lehrplan des Lernzentrums mehr Kurse auf dem Sekundärschullevel aufnimmt.

“Eine gute Anführerin gibt niemals auf. Ich habe nie klein beigegeben, auch wenn die Erwachsenen sagen, dass ich nicht genug Erfahrung habe”, sagt sie stolz. “In fünf Jahren sehe ich mich studieren, singen und ich bin immer noch in der Gemeindearbeit aktiv.”