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Plan hilft in Tekeze und verteilt Trinkwasser an über 7.000 Personen. © Michael Tewelde/Plan
20.06.2016 - von Sara Flieder

Dürre in Äthiopien: Die Menschen kämpfen um ihr Leben

Im Norden Äthiopiens, in der Region Amhara, ist das Land knochentrocken. 2015 sind beide Regenzeiten ausgeblieben, und auch nun wieder warten die Menschen verzweifelt auf das Einsetzen des Sommerregens.


Es ist die schwerste Dürre seit 30 Jahren in dem ostafrikanischen Land

Es ist die schwerste Dürre seit 30 Jahren in dem ostafrikanischen Land. Die Folgen von El Nino haben die vergangene Oktoberernte, die 70-80 Prozent der Äthiopier ernährt, schwer beeinträchtigt. Mit dramatischen Folgen: Rund zehn Millionen Äthiopier sind mittlerweile auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Auch Wasser muss vielerorts mit Tanklastwagen zu Verteilstellen gefahren werden.

In manchen Regionen Nordäthiopiens gibt es Woredas (Verwaltungsbezirke) oder Distrikte, die nur eine Regenzeit im Jahr haben. Fällt diese aus, bedeutet das für die Menschen: Mehr als 12 Monate ohne Wasser auskommen zu müssen. In der Region Amhara arbeitet Plan International Äthiopien als einzige internationale Nichtregierungsorganisation. Besonders hart hat es die Menschen in der Woreda Telemt getroffen. Plan bringt deshalb mit großen Trucks Trinkwasser in die Regionen, verteilt Nahrungsmittel und hat Gesundheitsstationen eingerichtet, um vor allem mangelernährte Kinder zu versorgen.

Auch in Wag-Himra, in der Region Amhar, ist Plan International tätig. 2011 starteten dort bereits verschiedene Projekte zur Ernährungssicherung. Unter anderem verteilt das Kinderhilfswerk dürreresistentes Saatgut an die Bevölkerung. Eine dieser Ausgabestationen befindet sich in Chilla Kebele. Die Menschen sitzen um gelbe Säcke herum und teilen das Saatgut auf. Viele von ihnen haben Esel dabei, um die schwere Last zu ihren Äckern zu transportieren.

Ehit Kassa ist 25 Jahre alt und mit ihrem Ehemann Prest Azmeraw, 33, und ihrem 18 Monate alten Sohn Mergesteab Azmeraw hier. „Ich habe noch zwei weitere Kinder. Sie sind fünf und acht Jahre alt. Wir sind froh, dass wir hier etwas zu essen und Wasser bekommen. Und  zum Glück müssen wir jetzt nur zehn Minuten bis zur Wasserstelle laufen. Bevor Plan die Trucks geschickt hat, mussten wir weiter runter bis zum Fluss laufen, aber der ist nun ausgetrocknet. Wir haben große Probleme, es gibt wenig zu essen und kaum Wasser. Oft haben wir nur eine Mahlzeit am Tag. Die Kinder sind hungrig. Unser Wunsch für die Zukunft ist, dass wir bald wieder eine gute Ernte haben und damit genug zu essen für unsere Familie."

Auch der 65 Jahre alte Geze Mihrete wartet sehnsüchtig auf den Regen: "Die Ernte ist noch schlechter ausgefallen als im letzten Jahr. Wir hatten uns noch nicht einmal von der letzten Dürre erholt, und nun ist schon wieder alles vertrocknet. Die Regierung allein kann uns nicht helfen. Ich habe acht Kinder. Das jüngste ist erst ein Jahr, meine älteste Tochter ist 25 Jahre alt und bereits verheiratet. Sie leiden Hunger.“

Nicht nur den Menschen fehlt Nahrung, auch das Vieh leidet. Kühe und Ochsen sind kaum mehr als Haut und Knochen. Die wenigen Ziegen, die die Menschen halten können, sind so dürr, dass sie kaum mehr Milch geben. Einzig die Esel scheinen unverwüstlich zu sein und helfen den Menschen, ihre wenigen Waren zu den Märkten zu transportieren und dort das zum Leben Notwendige zu erstehen.

Plan International hat in den betroffenen Projektgebieten Gesundheitsstationen eingerichtet. Dort werden die Kinder gewogen und gemessen. Ob ein Kind unter Mangelernährung leidet, stellen die Gesundheitshelfer fest, indem sie den Oberarm der Babys messen. Beträgt der Umfang weniger als elf Zentimeter, wird es gefährlich. Eines der Babys hier ist fünf Monate alt und wiegt gerade noch 2,5 Kilogramm. Zusammen mit seiner Mutter wird es stationär behandelt und erhält spezielle Aufbaunahrung aus Mais, Sojabohnen, Zucker und Vitaminen.

Pankaj Kumar, Länderdirektor von Plan International Äthiopien, sagt: „Äthiopien hat mit einer der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten zu kämpfen. Besonders Kinder sind in solchen Notsituationen gefährdet. Sie bekommen schneller Krankheiten wie Durchfall und sind nicht so widerstandsfähig. Zudem steigt das Risiko, dass sie nicht mehr zur Schule gehen können. Wenn wir jetzt nicht handeln, ist eine Krise unausweichlich.“

Junge Mütter stehen mit ihren Babys im Schatten eines Baumes Schlange, um ihre Kinder wiegen zu lassen. Gerade die stillenden Mütter sind mittlerweile selbst am Ende ihrer Kräfte. Auch Kasika wartet, bis sie an der Reihe ist. Das fünfjährige Mädchen hat seinen kleinen Bruder dabei. „Meine Mutter ist krank und hat mich geschickt, um das Baby wiegen zu lassen. Mein Vater ist davongelaufen. Zum Glück hat Plan uns drei Kühe geschenkt.“

In Meshesha Kebele  bewirtschaften der 33 Jahre alte Kibret Awaju und seine 28 Jahre alte Frau Dinbernesh Tesfayo ein Feld mit Gemüse wie Tomaten und Zwiebeln. Sie besitzen auch einen eigenen Brunnen. "Dank Plan haben wir dieses Feld bekommen und können Gemüse anbauen. Was wir nicht selbst essen, verkaufen wir", erzählt Kibret.

Abinet Beyeae ist 33 Jahre alt. Sie hat einen 13jährigen Sohn, Gebrat Kiros und eine 15jährige Tochter, Yeshimark. Sie bekam von Plan vor ein paar Jahren sechs Ziegen, mit denen sie eine kleine Zucht aufgebaut hat. Mit dem Erlös der verkauften Ziegen hat sie ihr Haus gebaut. „Meine Tochter und mein Sohn können zur Schule gehen, weil wir genug verdienen. Sie besuchen die erste und die vierte Klasse und lernen viel. Ich wünsche mir für meine Kinder, dass sie gesund bleiben und weiter lernen können.“