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Während des Corona-Lockdowns kam es zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt. Nicht nur in Peru, sondern auch weltweit. ©Plan International / Andrés García Gonzales
Während des Corona-Lockdowns kam es zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt. Nicht nur in Peru, sondern auch weltweit. ©Plan International / Andrés García Gonzales
29.05.2020 - von Claudia Ulferts

Corona-Pandemie verstärkt Gewalt gegen Mädchen und Frauen in Lateinamerika

Infolge der Covid-19 Pandemie gibt es in Lateinamerika und in der Karibikregion eine starke Zunahme von geschlechtsbasierter Gewalt gegen Mädchen und Frauen im häuslichen Umfeld. Die gesammelten Daten zeichnen ein alarmierendes Bild.

Schon vor der Pandemie hatte Lateinamerika hohe Raten geschlechtsspezifischer Gewalt. Doch mit den Lockdowns und Quarantänemaßnahmen hat die Gewalt hinter verschlossenen Türen noch einmal massiv zugenommen, wie die gesammelten Zahlen von Plan International zeigen. So wurden im ersten Quartal des Jahres über 23.000 Fälle von häuslicher Gewalt in Honduras gemeldet. In Kolumbien nahmen Anrufe bei den Helplines in den Wochen nach den Quarantänemaßnahmen um 142 Prozent zu. Von 25. März bis 7 .Mai wurden  4.385 Gewaltfälle gemeldet, dreimal so viele wie im Vorjahr. Auch in Peru, wo besonders harte Lockdown-Regeln vorherrschen, sind Mädchen und Frauen häuslicher Gewalt oft schutzlos ausgeliefert. In den ersten zwei Aprilwochen gingen 9.812 Hilfeanrufe bei der Helpline „Línea100“ ein. Darunter waren auch 2.300 Anrufe von Kindern, die erzählten, dass ihre Mütter oder Geschwister geschlagen würden. Im Nachbarland Bolivien wurden vom 17. März bis 5. Mai 1.370 Fälle geschlechtsbasierter Gewalt gemeldet. In der Dominikanischen Republik erhielt die „Línea Mujer“, eine Notrufnummer des Frauenministeriums, in den ersten 25 Tagen der Quarantäne 619 Hilfe-Anrufe.

Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland: "Maßnahmen zur sozialen Distanzierung haben dramatische Auswirkungen auf Mädchen und Frauen. Wir befürchten Tausende weiterer Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt in der Region, wenn die Regierungen ihre bestehenden Schutz- und Reaktionssysteme nicht anpassen. Sie müssen sicherstellen, dass der Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit sowie zu sicheren Räumen und Notrufdiensten für Kinder, Mädchen und Frauen erreichbar bleibt.“

"Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist viel schlimmer als das Virus selbst, sagt die 21-jährige Samya aus Ecuador. „In abgelegenen Gemeinden gibt es oft noch nicht mal ein Telefon, um Hilfe zu suchen.“ Auch die Peruanerin Betsabé, 15 Jahre, findet, dass das Gewaltproblem nicht genug gesehen wird: "Alle sprechen nur über Covid-19, aber nicht über Gewalt. Viele Mädchen werden physisch und psychisch misshandelt, aber das kommt nicht an die Öffentlichkeit.“

Plan International nutzt soziale Netzwerke oder Radios in der gesamten Region, um Mädchen und junge Frauen über die ihnen zur Verfügung stehende Unterstützung zu informieren. Parallel dazu arbeitet die Kinderrechtsorganisation mit lokalen Regierungen zusammen, um deren Schutzsysteme zu stärken. Maike Röttger: „Das Einbeziehen von Männern und Jungen in den Kampf gegen Gewalt ist wesentlich, um dieses Problem zu bekämpfen".