
Damit Kinder das Recht haben, Kind zu sein
„Spielen ist für die kindliche Entwicklung so wichtig wie Schlafen, Essen und Trinken.“ So formuliert es das deutsche Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit. Im Spiel erkunden und verstehen Mädchen und Jungen ihr Umfeld; sie entwickeln sich weiter und erlernen wichtige Fähigkeiten: motorisch, kognitiv, sozial und emotional. Aber nicht nur die frühkindliche Entwicklung und das Erlernen von Wissen stehen im Vordergrund – Kinder sind auch mental gesünder, wenn sie spielen dürfen.
Doch die Theorie findet längst nicht überall ihre praktische Anwendung. Weltweit gibt es Kinder, die sich nicht spielerisch austoben und entfalten können. Der heutige Welttag des Spielens, den Plan International 2024 mitinitiiert hat, macht darauf aufmerksam.


Krieg, Klimawandel, Armut und Flucht sorgen unter anderem dafür, dass viele Mädchen und Jungen keine sicheren Spielmöglichkeiten haben. Laut Zahlen von UNICEF lebten 2024 allein über 473 Millionen Kinder in Konfliktregionen – das ist jedes sechste Kind. Außerdem meinen Erwachsene zum Teil immer noch, Spielen sei für Kinder nicht wichtig.
In der UN-Kinderrechtskonvention ist das Recht auf Spielen seit 1989 in Artikel 31 verankert. Als Kinderrechtsorganisation versteht Plan International diesen Artikel als einen der Grundpfeiler ihres Wirkens. Deshalb ist er in Ländern weltweit zentraler Baustein der Projektarbeit, wie die folgenden Beispiele zeigen.


Mit Sport und Spiel den Weg zur Gleichberechtigung ebnen
In Somalia ist Fußball vorwiegend ein Männersport – wie in vielen anderen Ländern auch. Wenn Frauen auf das Spielfeld wollen, stoßen sie auf massive Hindernisse. Die Gründe: traditionelle Rollenbilder, fehlende Ressourcen und gesellschaftliche Vorurteile. Doch Zhahruzaad und Hana haben in Somalia einen Weg gefunden, um ihre sportlichen Träume zu leben.
Im Ubah Inspire and Fitness Center, dem ersten Fitnessstudio nur für Frauen in Somalia, fanden die beiden Mädchen einen sicheren Raum für Sport und Austausch. Hier können Mädchen trainieren, sich vernetzen und an Bildungsprogrammen zu Gewaltprävention und gesunder Lebensführung teilnehmen. Unterstützt wurde der Bau durch das von der Europäischen Union finanzierte Projekt „Kick Start for Equality“ von Plan International.
„Ich möchte, dass meine Gemeinschaft mich als fähige Sportlerin wahrnimmt“, sagt Zhahruzaad, die regelmäßig Trainingseinheiten für Mädchen organisiert. Hana ergänzt: „Sport bringt Lebensfreude, fördert kreative Gedanken und hilft dabei, aktiv zu bleiben.“ Die beiden jungen Frauen sind ein Beispiel dafür, dass sportliches Spiel Selbstvertrauen stärken, Gemeinschaftsgefühl fördern und Geschlechterklischees aufbrechen kann.
Kinder weltweit verbindet eine unglaubliche Kreativität und eine unbändige Freude am Spiel.
Spielerisch den späteren Bildungsweg vorbereiten
Nicht alle angehenden Grundschüler:innen bringen dieselben Voraussetzungen mit, um dem Unterricht vollumfänglich folgen zu können. In der Bergregion Oudomxay im Norden von Laos sprechen etwa 70 Prozent der Menschen Mon-Khmer. Ihre Kinder werden in der Schule allerdings auf Laotisch, der Amtssprache, unterrichtet. Deshalb sind Vorschulklassen wichtig, um jungen indigenen Kindern den Einstieg in die Bildung und damit eine bessere berufliche Zukunft zu erleichtern.
Mit Unterstützung von Plan International wurden in vier Vorschulen farbenfrohe Spielecken mit spannendem Lernmaterial sowie ein kleiner Spielplatz im Freien eingerichtet. Kinder sollen dort spielerisch ihre Sprach-, Kommunikations- und Sozialkompetenzen ausbauen können.


Das gelingt unter anderem mit interaktiven Rollenspielen wie dem Ärztin-und-Patientin-Spiel. Hier spielen die Mädchen und Jungen Situationen aus dem wirklichen Leben nach und lernen, zusammenzuarbeiten.
„Ich liebe es, Ärztin zu spielen und alle anderen sind meine Patienten“, erzählt die fünfjährige Anna begeistert. „Ich möchte Ärztin werden, um mich um meine Eltern und Patienten zu kümmern.“ Durch das Spielen kann sich das Mädchen ihre berufliche Zukunft bildlich vorstellen und hat Spaß daran, sich körperlich, geistig, sprachlich und sozial weiterzuentwickeln.
Not macht erfinderisch
Viele Familien in Asien, Afrika und Lateinamerika können sich industriell gefertigte Spielwaren nicht leisten. Also werden die Kinder kurzerhand selbst tätig. Mit großem Geschick und Einfallsreichtum bauen sie aus Natur- und Reststoffen ihr eigenes Spielzeug.
Die Ausstellung „WeltSpielZeug“ von Plan International Deutschland präsentiert 250 dieser phantasievollen Werke aus 30 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Die Kinderrechtsorganisation möchte damit die Aufmerksamkeit der Besucher:innen auf die Situation von Kindern im globalen Süden lenken und andere Kulturen und Lebensbedingungen visuell zugänglich machen. Was die Ausstellung außerdem verdeutlicht: Kinder weltweit verbindet eine unglaubliche Kreativität und eine unbändige Freude am Spiel – egal welche Herkunft, Religion oder welches Lebensumfeld sie haben. Noch bis 21. September 2025 ist das „WeltSpielZeug“ im Stadtmuseum Riesa zu sehen.


Wissen spielerisch vermitteln
Komplexe Zusammenhänge lassen sich spielerisch leichter vermitteln und stoßen meist auch auf deutlich größeres Interesse als schnöder Frontalunterricht. Das zeigt auch die Ausstellung „Mission 2030“, in der Plan International Deutschland die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen spielerisch erlebbar macht und Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene für internationale Zusammenarbeit sensibilisiert. Das dient auch der Demokratieförderung sowie dem Verständnis für andere Lebensrealitäten.
Auf einer Art virtuellen Weltreise vermittelt die Kinderrechtsorganisation die Zusammenhänge von Chancengleichheit, einer friedlichen Gesellschaft, Ressourcenschutz und weltweit besseren Lebensverhältnissen. Interaktive Elemente thematisieren globale Herausforderungen hinsichtlich Bildung, Ausbildung, Familienplanung, Friedensfindung oder Wasserversorgung und führen virtuell nach Ägypten, Ghana, Guatemala, Kambodscha, Kolumbien und Timor-Leste. Bis zum 22. September 2025 ist die „Mission 2030“ noch im Wappensaal auf Schloss Mainau am Bodensee zu sehen.


Humanitäre Hilfe umfasst auch den Bedarf an sicheren Orten zum Spielen
Die drei großen bewaffneten Konflikte, unter denen Kinder aktuell besonders leiden, sind die Kriegshandlungen in Sudan, im Nahen Osten und in der Ukraine. Dem Elend können die Mädchen und Jungen in diesen Regionen kaum entkommen.
In den Grenzregionen zwischen Sudan und Äthiopien sind seit Jahren Tausenden Menschen auf der Flucht und suchen Schutz vor dem Krieg in Sudan. Auf dieser Suche stoßen sie allerdings immer wieder auf überfüllte Lager und prekäre Lebensbedingungen. Speziell für die Menschen im sudanesisch-äthiopischen Grenzgebiet hat Plan Deutschland das Projekt „Ein Platz für Leben“ gestartet.
Ziel ist es, in der Ortschaft Ura eine Siedlung zu errichten, die sowohl den Geflüchteten als auch den ansässigen Bewohner:innen zugutekommt. Unter anderem werden die dort installierten Spielgeräte wie Schaukeln und Rutschen von den Kindern vor Ort begeistert genutzt. In kinderfreundlichen Räumen sollen sie außerdem die Möglichkeit bekommen, durch gemeinsames Spielen ihre Kreativität und ihre sozialen Fähigkeiten auszubauen sowie ein Stück Kindheit zurückzugewinnen.
Seit Oktober 2023 sind mehr als 1,9 Millionen Menschen in Gaza aus ihren Häusern vertrieben worden oder geflohen, etwa die Hälfte davon sind Kinder. Sie hungern, können nicht zur Schule und leben in ständiger Angst vor neuen Angriffen. In dieser Krise unterstützt Plan International die Menschen vor Ort unter anderem mit Hygienekits und Lebensmittelpaketen. Diese humanitäre Hilfe unterstützt Mütter wie Suhad, die dadurch wieder ein klein wenig Hoffnung schöpfen und Zeit finden, um mit ihren Kindern zu spielen. Derzeit sind diese Hilfslieferungen allerdings aufgrund der israelischen Blockade erneut nicht möglich.


Doch nicht nur die körperlichen Entbehrungen solcher Konflikte hinterlassen Spuren. Auch seelische Narben sind eine Begleiterscheinung von Kriegen – und treffen gerade Kinder besonders schwer, da sie die Geschehnisse oft nicht richtig einordnen können und verstehen. Deshalb fokussiert sich Plan International bei der Arbeit in Osteuropa unter anderem auf die psychosoziale Unterstützung sowie den Schutz von Kindern – wie etwa mit dem vom Auswärtigen Amt unterstützten Projekt „Relief to Protect“.
Bekommen Mädchen und Jungen einen sicheren Raum zum Spielen, können sie Gefühle wie Schmerz, Angst oder Verlust besser und kindgerechter verarbeiten. Die siebenjährige Anastasia hat beispielsweise besonderen Trost im Malen gefunden: In einem Schutzraum für Kinder zeichnete das Mädchen ein Einhorn – ein Motiv, das Stärke symbolisiert. Mit Unterstützung von Plan International entstand aus ihrer Zeichnung ein Plüschtier, das Anastasia nicht nur Freude bereitet, sondern sie auch an die Kraft erinnert, die in ihr steckt.