Ein Rezept für Veränderung

Foto: Plan International

In den Hügeln von Intibucá, Honduras, erheben sich Frauen gegen Armut und Isolation – mit einer Bäckerei, die weit mehr bietet als eine Ausbildung.

Jeden Morgen erwacht Ma de Jesús mit einer klaren Mission. Die Augen der Bäckerin sind nicht nur auf die Arbeit in ihrer kleinen ländlichen Gemeinde gerichtet. Sie blicken auf eine Veränderung, die weit über die Grenzen ihres Zuhauses hinausreicht.

Was als bescheidene Hausarbeit begann, hat sich heute zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt: Die Bäckerei „Fe y Esperanza“ (Glaube und Hoffnung) ist nicht nur ein gut laufendes Geschäft, sondern ein lebendiges Beispiel für die Stärke und Solidarität von Frauen.

Eine überarbeitet wirkende Frau ist von der Seite zu sehen und hat einen konzentrierten Blick
Ihre Backstube ist für Ma de Jesús weit mehr als nur ein Arbeitsplatz Plan International
Karte, in der Honduras orange eingefärbt ist
Das Departamento Intibucá liegt im Südwesten des Landes, an der Grenze zu El Salvador Plan International

Geschlechterungleichheiten und Gewalt: Die Situation von Frauen in Honduras

Frauen in Honduras stehen vor großen Herausforderungen: Auf dem Arbeitsmarkt haben sie oft schlechtere Chancen, verdienen weniger und sind selten in Führungspositionen vertreten. Viele arbeiten im informellen Sektor und haben nur eingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung – vor allem in ländlichen Regionen. Hinzu kommen hohe Raten geschlechtsspezifischer Gewalt.

Ein wesentlicher Grund für diese Ungleichheiten liegt in tief verwurzelten Rollenbildern, die Frauen ausschließlich Aufgaben im häuslichen Bereich zuschreiben: Ab dem 15. Lebensjahr leisten sie durchschnittlich 16,9 Prozent ihrer Zeit unbezahlte Haus- und Care-Arbeit – Männer hingegen nur 3,1 Prozent (UN Women, 2023). Honduras gehört außerdem zu den Ländern mit der höchsten Femizidrate in Lateinamerika: 2022 wurden 297 Frauen ermordet – das entspricht etwa 6 getöteten Frauen pro 100.000 Einwohner:innen. In rund 90 Prozent dieser Fälle bleibt die Strafverfolgung aus. Zwischen 2019 und 2023 wurden über 11.800 Fälle sexueller Gewalt registriert, 89 Prozent der Opfer waren Frauen und Mädchen (Human Rights Watch, UN Women).

Von der kleinen Gruppe zur starken Gemeinschaft 

„Unsere Gruppe wurde 2011 gegründet, aus dem Wunsch heraus, etwas Eigenes zu schaffen, gemeinsam zu wachsen und uns gegenseitig zu stärken“, erzählt Ma de Jesús. „Es war nie nur Arbeit – es war die Liebe zum Bäckerhandwerk, der Wunsch nach Unabhängigkeit und der Traum, unseren Familien eine bessere Zukunft zu ermöglichen.“

Doch der Weg zum Erfolg war nicht immer einfach. Zunächst war die Gruppe klein und die Herausforderung groß. „Viele Frauen kamen, doch nur wenige blieben, weil die Arbeit sie nicht erfüllte“, erinnert sich Ma de Jesús. Am Anfang gab es Zweifel, Unsicherheit und wenig Unterstützung von außen. Doch nach und nach fanden sich Gleichgesinnte, die an dieselbe Vision glaubten – und gemeinsam begannen sie, ihre Leidenschaft für das Bäckerhandwerk und den Wunsch nach Selbstbestimmung in die Tat umzusetzen.

Zwei Bäckerinnen bereiten Empanadas zu
Tradition trifft Tatkraft: Empanadas aus Intibucá Plan International
Frauen benutzen einen Lehmofen, um darin Backwaren herzustellen
Der traditionelle Lehmofen, der durch seine dicken Mauern die Wärme lange speichert Plan International

Wissen und Zusammenhalt als Schlüssel zur Selbstbestimmung

Heute ist „Fe y Esperanza“ eine starke Gemeinschaft von acht Frauen, die zusammen ihre Zukunft gestalten. Die Bäckerei, die sie betreiben, hat nicht nur ihre Lebensbedingungen verbessert, sondern auch den Teamgeist gestärkt. „Wir arbeiten zusammen, lachen zusammen und fühlen uns stark, weil wir uns gegenseitig unterstützen“, sagt Ma de Jesús mit einem Lächeln. Die Frauen haben nicht nur das Handwerk des Brotbackens erlernt, sondern auch wertvolle Schulungen zu Themen wie Gewaltprävention, Gleichstellung der Geschlechter und Frauenrechte erhalten. Diese Trainings, organisiert von Plan International und dem honduranischen Rat für die integrale Entwicklung von Landwirtinnen (CODIMCA), haben auch das Selbstbewusstsein der Frauen gefördert.

„Vor der Gründung dieser Gruppe war unsere Welt auf Hausarbeit und Familie begrenzt“, erklärt Ma de Jesús. „Jetzt wissen wir, dass wir mehr können als das. Wir haben gelernt, Verantwortung zu übernehmen und unser Leben selbst in die Hand zu nehmen.“

Gleichberechtigtes und verantwortungsvolles Arbeiten

Die Bäckerinnen teilen Verantwortung und Arbeit gleichberechtigt. „Bei unseren Treffen besprechen wir gemeinsam unsere Aufgaben und legen fest, wer was übernimmt“, sagt Ma de Jesús. Diese gelebte Gleichberechtigung zeigt sich auch in der fairen Verteilung von Aufgaben und Einnahmen. Alle wissen, was erwirtschaftet wird, und jede Frau profitiert im gleichen Maß.

In der Bäckerei wird eine Vielzahl von köstlichen Backwaren verkauft: Von goldbraunen Weizen- oder Quarkempanadas bis hin zu fluffigen Brötchen und hin und wieder auch Fladenbrot. Der Erfolg spricht für sich: Die Nachfrage steigt und die Frauen verkaufen ihre Produkte direkt in der Gemeinde. „Wenn jemand eine Bestellung aufgibt, dann nehmen wir sie an. Egal, wie groß sie ist. Wir lassen keine Gelegenheit ungenutzt“, so Ma de Jesús.

Eine Gruppe Bäckerinnen stellt eifrig Empanadas her
Mit traditionellen Rezepten und viel Sorgfalt fertigen die Bäckerinnen von Intibucá ihre Empanadas Plan International

„Es geht nicht nur um den Profit, es geht um Fairness und um das Miteinander.“

Ma de Jesús, backt in Honduras für Gleichberechtigung
Traditioneller Lehmofen mit einem Bleck Empanadas
Empanadas werden im traditionellen Lehmofen gebacken Plan International
Eine Bäckerin präsentiert stolz ihre selbstgemachten Empanadas
Mit Liebe gemacht: Empanadas aus der Bäckerei „Fe y Esperanza“ Plan International

Eine nachhaltige Veränderung für die Gemeinschaft

Das Bäckerei-Projekt ist Teil eines größeren MOB-Projekts, das sich für die Stärkung von Frauen in ländlichen Regionen von Honduras einsetzt. Der Begriff MOB stammt aus der indigenen Sprache der Lenca und bedeutet „Frau“. Er spiegelt den Schwerpunkt des Projekts wider: Die Förderung der Rolle und Rechte von Frauen in indigenen Gemeinschaften. Unterstützt durch Plan International und die Europäische Union soll dadurch Armut und geschlechtsspezifische Gewalt bekämpft und die gesellschaftliche Rolle von Frauen gestärkt werden.

Für Ma de Jesús ist dieses Projekt nicht nur eine unternehmerische Chance, sondern auch eine persönliche Bereicherung: „Ich möchte allen Frauen sagen, dass sie nicht in der Rolle der Hausfrau bleiben müssen. Wir müssen uns nicht auf das beschränken, was die Gesellschaft für uns vorgesehen hat. Wir können, und sollten, mehr tun.“

Frauen verkaufen frische Empanadas auf einem Markt
Nach der Herstellung bieten die Frauen ihre Backwaren auf dem lokalen Markt an Plan International

Ein Blick in die Zukunft

Die Frauen von „Fe y Esperanza“ blicken stolz auf das Erreichte. „Wir sind wie eine Familie, die sich gegenseitig stärkt“, lächelt Ma de Jesús. Sich auf ihrem Erfolg auszuruhen, kommt für die Bäckerinnen aber nicht in Frage. Sie träumen von einer noch stärkeren Gruppe, von einer noch besseren Zusammenarbeit und von neuen Produkten.

Die Frauen haben bereits begonnen, ihr Angebot zu erweitern und die Nachfrage noch besser zu bedienen. „Wir wollen neue Ideen ausprobieren und sehen, wie wir unser Geschäft noch erfolgreicher machen können“, erklärt Ma de Jesús entschlossen.

Das Projekt der acht Bäckerinnen zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, Frauen Verantwortung zu übertragen und ihnen die Möglichkeit zu geben, Veränderungen herbeizuführen. Sie beweisen, wie transformativ und stärkend Solidarität sein kann.

 

Die Geschichte von Ma de Jesús wurde mit Material aus dem honduranischen Plan-Büro aufgeschrieben.

Ma de Jesús und die anderen Mitglieder der Gruppe stehen stolz hinter einem Blech frisch gebackener Empanadas.
Stolze Frauen von „Fe y Esperanza“ zeigen Zusammenhalt und Zuversicht für die Zukunft Plan International

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