Patenkindbesuch bei Agustina Gita in Indonesien

Seit über 10 Jahren unterstütze ich mein Patenkind Agustina auf Lembata in Indonesien. Durch die Fotos, die ich regelmäßig erhalte, habe ich sie aufwachsen sehen, mittlerweile ist sie ein richtiger Teenager. Dass ich sie einmal besuchen würde, erschien mir über die Jahre recht unwahrscheinlich, da Lembata sehr abgelegen liegt.
Durch den Studienaufenthalt meiner Tochter in Singapur änderte sich jedoch die Situation. Wir hatten die Idee, etwas gemeinsam zu unternehmen und statt die touristisch ausgetretenen Pfade zu nehmen schlug ich vor, gemeinsam mein Patenkind zu besuchen. Meine Tochter war sofort begeistert, denn wann hat man schon einmal die Möglichkeit des direkten Kontaktes mit den Menschen, die in einem fernen Land leben? Ich war glücklich, nun doch einmal mein Patenkind zu besuchen und diese Reise auch zusammen mit meiner Tochter unternehmen zu können.
So machten wir uns auf die Reise nach Lembata - der Weg führte mich über Bangkok, Jakarta, Surabaya nach Kupang auf Timor, wo wir drei Tage auf unseren Flug nach Lembata warten mussten, der nur 3 mal die Woche geht.
Der Flug von Timor nach Lembata dauert nur 50 min und der Pilot flog eine Runde um den Vulkan auf Lembata, so dass wir bereits von Oben einen schönen Eindruck der Landschaft bekommen konnten.
Am Flughafen holte uns dann die Mitarbeiterin von PLAN ab, die uns auch die ganzen drei Tage begleiten wird.
Wir fuhren zunächst ins Büro von PLAN International auf Lembata, wo man uns die Arbeit von PLAN vor Ort vorstellte. Außerdem lernten wir alle Mitarbeitenden des Büro kennen, die auch sehr gespannt auf uns waren, weil wir die ersten Paten waren, die nach Corona Lembata besuchten.
Gemeinsam kauften wir noch Lebensmittel und Hygiene Artikel für die Familie meines Patenkindes ein und gingen darauf noch etwas Essen an einem wunderschönen Ort am Strand mit Blick auf den Vulkan, bevor uns PLAN in unsere Unterkunft fuhr.

Am folgenden Tag ging es schon früh los, denn wir hatten eine beschwerliche Fahrt in die Region am Fuße des Vulkans vor uns. Vor 2 Jahren brach er das letzte Mal aus, woraufhin das Dorf meines Patenkindes evakuiert werden musste. Die letzte Naturkatastrophe war jedoch ein Taifun. Die Wassermassen, die den Berg hinabstürzten, haben unsere Straße an vielen Stellen unterspült oder weggerissen.
Endlich erreichen wir das Dorf meines Patenkindes Agustina und treffen sie direkt vor der Schule: Was für ein Moment! Zwei Menschen, die fremder nicht sein können, stehen plötzlich voreinander! Zum Glück war meine Tochter dabei, an die sich Agustina ein wenig festhalten konnte. Für sie war dies ein sehr aufregender Moment: Ein fremder Mann aus einem fernen Land kommt ausgerechnet sie besuchen. Sie schwankte zwischen Scham und Lachen und man merkte ihr an, dass die Situation doch auch ganz schön überfordernd war.
Das Dorf hatte sich offensichtlich auf unseren Besuch vorbereitet und man empfing uns mit Tänzen und Trommeln. Der Bürgermeister begrüßte uns vor dem Gemeindehaus und legte und traditionelle Schärpen um den Hals. Im Gemeindehaus wurden wir dann nochmal offiziell begrüßt und man erwartete, dass ich eine kleine Rede hielt. Auch viele Menschen aus dem Dorf sprachen und betonten bei der Gelegenheit, wie PLAN ihnen vor Ort hilft. Schließlich gab es für alle reichlich zu essen und wir genossen frisches Gemüse und Fisch.
Nach dem Essen ab es Tanzvorführungen und schließlich wurden wir aufgefordert, mitzutanzen. Das war ein Moment großer Leichtigkeit, wo auch mein Patenkind sich entspannte und sich merklich wohler fühlte.
Als ein Geschenk hatten wir ein Uno Spiel mitgebracht und nach kurzer Erklärung spielten wir mit der Dorfjugend Uno, das sie begeistert mitspielten. Den meisten Beifall der Jugend fand jedoch der Aufnäher von Eintracht Frankfurt!
Auch wir bekamen ein Geschenk der Familie: 2 von der Mutter handgewebte Sarongs, je einen Monat Arbeit. Das war sehr großzügig.

Wir konnten erleben, dass PLAN International in dem Dorf ein hohes Ansehen genießt. Viele Kinder sind „Sponsored Children“ und das wirkt sich sehr positiv auf die Atmosphäre im Dorf aus. Die Kinder erfahren Wertschätzung von Außen und sind stolz darauf, einen Sponsor zu haben. Dadurch, dass die finanziellen Zuwendungen jedoch nicht den Kindern direkt, sondern der ganzen Gemeinschaft zugute kommen, entsteht aber kein Neid, was ein ganz wesentlicher Punkt der Arbeit von PLAN ist. Alle profitieren davon, dass einige Kinder Patenkinder sind. So kann sich die Gemeinschaft des Dorfes weiter entwickeln. PLAN hat für dieses Dorf und das Nachbardorf z.B. einen Brunnen gebohrt und zwei Trinkwasserhochbehälter gebaut, so dass jedes Haus jetzt fließendes sauberes Wasser hat.
Ein wesentliches Ziel von PLAN vor Ort ist die Verhinderung der Verheiratung von jungen Mädchen. Dies geschieht durch Elterngespräche, Schaffung eines Bewusstseins für diese Problematik im Dorf und natürlich durch die Ansprache und Unterweisung der Mädchen selbst. Bildung für alle trägt hier ebenso wesentlich dazu bei. Da das Dorf nur begrenzte Ressourcen hat ist es wichtig, dass es seine Einwohner jederzeit ernähren kann.
Einige Kinder schaffen wohl auch den Sprung an eine Universität zu gehen oder in den Städten ein Auskommen zu finden. Das Dorf profitiert auch davon, weil die Kinder Geld nach Hause schicken.
Seit einigen Jahren steht mitten im Dorf auch ein hoher Handymast, so dass alle, die ein Smartphone besitzen, auch Zugang zum Internet haben. Für die Bildung der Kinder ist diese Tatsache wohl nicht hoch genug einzuschätzen.
Dennoch bleibt der persönliche Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von PLAN ein wesentlicher Aspekt der Arbeit vor Ort. Die Dörfer und Familien werden regelmäßig besucht und auch die Verwendung der Gelder überprüft. Die Kinder motiviert dies, sich dieser Aufmerksamkeit „würdig“ zu erweisen und sich selbst ehrgeizige Ziele zu stecken.

Wir sind mit einem sehr guten Gefühl aus Lembata abgereist. Die Arbeit von PLAN International vor Ort hat uns in jeder Hinsicht überzeugt. Der Ansatz der Arbeit, nicht die einzelnen Kinder, sondern die Gemeinschaft zu unterstützen, ist genau richtig. So kann sich eine Dorfgemeinschaft entwickeln, die Kindern und im speziellen Mädchen eine Umgebung bietet, in der sie sicher aufwachsen können und ihr Potential entfalten können. Nebenbei entstehen auch viele Arbeitsplätze, die vielen Menschen ein Auskommen ermöglichen.
Die Reise nach Lembata hat uns nochmal vor Augen geführt, wie wichtig es ist, zu teilen: Geld durch Spenden, aber auch Wissen voneinander und Unterstützung, wo sie notwendig und sinnvoll ist. Ich hoffe nichts weniger als dass unser Besuch dazu beigetragen hat, diese Welt ein klein wenig besser zu machen.