Seit einem Jahr kein Regen mehr
Wenn schon auf Reisen, dann auch Land und Leute kennenlernen: Beim Besuch seines Patenkindes Andina in der Dominikanischen Republik nutzte Günter Milbradt aus Dortmund die Gelegenheit, Projekte von Plan International zu besichtigen. Seit dem Erdbeben im benachbarten Haiti ist Katastrophenschutz dort besonders wichtig. Lesen Sie nachfolgend seinen Bericht.
Patenkindbesuch bei Andina
Nachdem ich bereits meine beiden Patenkinder in China kennengelernt habe, wollte ich 2010 mein Patenkind, die fünfzehnjährige Andina, in der Dominikanischen Republik besuchen. Am Montag, den 15. März ist es soweit: Um 9:00 Uhr werde ich von Señor Carlos Cabrera, einem Plan-Mitarbeiter, und Linda, der Übersetzerin, mit dem Wagen von meinem Hotel abgeholt. Linda ist eine junge Frau aus Deutschland, die in der Republica Dominicana ein freiwilliges Jahr leistet und im Auftrag des DED an einem AIDS-Projekt mitwirkt.
Anhaltende Dürre
San Juan scheint es genug Wasser zu geben, die Grünanlagen sind wirklich grün und es gibt sogar am Stadtdenkmal ein Wasserspiel. Je weiter wir nach Nordwesten kommen, umso trockener wird es rund herum. In der Siedlung, in der Andina wohnt, gibt keine geteerte Straße. Die letzten 1,5 Kilometer bestehen aus Schotter und sind sehr trocken. Später erfahre ich, dass es in diesem Landstrich seit mehr als einem Jahr nicht mehr geregnet hat.
Keine Schule heute für Andina
Andina, die sonst eine von Plan erbaute und betreute höhere Schule in „La Culata“ besucht, wartet heute bei ihrer Familie auf uns. Die Begrüßung ist sehr herzlich, Mutter Ninfa hat nie geglaubt, dass der Padrino ihrer Tochter wirklich zu Besuch kommt! Andina ist zunächst etwas scheu, allmählich wird sie lockerer. Die Familie ist größer, als ich es aus den Unterlagen entnehmen bisher konnte: Mutter Ninfa hat insgesamt acht Kinder, Andina ist die Jüngste.
Familie, größer als gedacht
Zwei Söhne leben mit ihren Familien gleich in der nächsten Hütte. Zwei andere Söhne haben bei einer Verlosung von Plan zwei feste Steinhäuser mit richtigen Dächern - etwas weiter im Dorf - gewonnen. Die Hütten sind üblicherweise aus Holz, das heißt, aus Ästen konstruiert, die mit Lehm verschmiert sind und ein Blätterdach haben. Eine Schwester von Andina wohnt in 'La Culata', bei ihr schläft Andina während der Woche an den Schultagen, der Schulweg wäre sonst zu weit.
Sengende Hitze und kein Kühlschrank
Die Familie ist nicht reich, Mutter Ninfa hat keinen Kühlschrank, für uns unvorstellbar bei der Hitze, und nur einen defekten Fernseher, aber eine Waschmaschine. Zur Benutzung muss Wasser von der Zapfstelle geholt werden. Auf meine Frage, woher sie das Trinkwasser beziehen, erklärt Mutter Ninfa, dass das Wasser sehr salzig sei und nicht sehr sauber. Aber es gibt nichts anderes und so muss man auf eine Gallone ungefähr 2-3 Tropfen Chlor geben, um nicht krank zu werden.
Gemeinsamer Marsch zur Wasserstelle
Wir machen uns auf den Weg zu der Zapfstelle, die fast einen Kilometer entfernt ist, über nicht befestigte Wege, bergauf und bergab: Mutter Ninfa, Andina, jeweils mit einem kleinen Familienmitglied auf dem Arm, Señor Cabrera, der die Wasserstelle auch noch nicht gesehen hat, Linda und ich. Es ist um die Mittagszeit und fast 33 Grad warm, man muss immer die Augen auf dem Boden haben, um nicht zu straucheln. Wir durchqueren einen kleinen Bach, der aber nur zum Bewässern der Felder und keinesfalls als Trinkwasser taugt. In dieser Gegend wachsen nur Zwiebeln und Yukka, eine Pflanze, deren Knollen wie Kartoffeln zubereitet werden und auch ähnlich schmecken.
Sonne brennt weiter
Die Wasserstelle besteht aus zwei Rohren: Sie kommen aus dem Berg, aus dem ein sehr kräftiger Strahl Wasser in ein altes, sonst fast trockenes Flussbett läuft. Transportiert wird das Trinkwasser, wenn man es denn so nennen will, in Plastikkanistern, die dann auf dem Kopf getragen werden. Abhängig von der Anzahl der Personen, die gerade zu Hause sind, ist dieser Weg mehrmals in der Woche zurück zu legen. Zurück bei den Hütten, ist es nun die richtige Zeit, Fragen zu stellen, wir sitzen im Schatten einer Hütte und wandern mit unseren Stühlen, wenn sich der Sonnenstand ändert.
Katastrophenschutz ganz wichtig
Señor Cabrera berichtet über die Plan-Projekte in den acht Gemeinden vor Ort. Als besonders wichtig bezeichnet er das Projekt, das die Menschen im Bereich Katastrophenschutz schult, zum Beispiel im Falle eines Erdbebens. Das benachbarte Haiti ist ganz nah! Mit Hilfe der Dorfbewohner werden stabile Steinhäuser mit einem festen Dach aus Wellblech gebaut. Ein weiteres wichtiges Projekt ist der Bau von Latrinen, die durch ihre spezielle Bauweise Gerüche reduzieren und wesentlich hygienischer sind. Ein Großteil der Landbewohner hat gar keine Toilette.
Mikrokredite fürs Dorf
Außerdem vermittelt Plan Mikro-Kredite und hält die Menschen zur Eigeninitiative an. Beispielsweise treffen sich die Señores aus dem Dorf einmal wöchentlich und bereden, was zu tun ist, legen etwas Geld in eine gemeinsame Kasse, aus der dann die Anschaffungen getätigt werden. Auch das Sponsoring von einzelnen Möbelstücken gehört zu den Aufgaben von Plan. So hat Andina ein Bett bekommen, das in Mutter Ninfas Hütte steht. In dem kann sie schlafen, wenn keine Schule ist, sonst blieb nur der Boden! Bargeld für Möbel ist nicht vorhanden.
Noch viel zu tun
Fazit: Plan hat eine große Aufgabe übernommen und man sieht: Es geschieht etwas, es wird etwas unternommen. Wenn Andina dann auch noch wie gewünscht Krankenschwester werden kann, ist das ein großer Schritt. Ich wünsche den Mitarbeitern von Plan Erfolg für ihre Arbeit und denke, dass mein kleiner Beitrag gut angelegt ist. Vielleicht besteht bald die Möglichkeit, Wasser in das Dorf zu bringen, aber in dem Gebiet gibt es so viele Baustellen, das man fast gar nicht weiß: wo anfangen!
Meine drei Patenschaften werde ich aufrecht halten solange ich kann, es lohnt sich für alle Beteiligten.