Wenn Mädchen Mütter werden: Folgen des Lockdowns in Sambia

Foto: Izla Bethdavid

Was der Covid-19-Lockdown mit Teenager-Schwangerschaften zu tun hat – und welche gravierenden Auswirkungen diese auf Mädchen und junge Frauen in Sambia haben.

Liebevoll hält Melissa (18) ihren Sohn im Arm, drückt ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Sie wurde während des harten Lockdowns in Sambia ungewollt schwanger – was ihre Welt auf den Kopf stellte. „Ich hatte einen Freund, aber als ich schwanger wurde, wies er mich zurück“, erzählt sie. Auch ihre Schulbildung musste sie Aufgrund der Pandemie beenden, trotz guter Noten: Mit dem Lockdown kamen Einkommensverluste für ihre Familie und die Ausbildung ihres Bruders hatte Vorrang. Melissa allein konnte das Schulgeld nicht bezahlen. „Ich war sehr traurig, weil ich so gern gelernt und meine Freundinnen gesehen habe“, so die 18-Jährige.

Heute verkauft sie Tomaten und Maniok, um ein wenig Geld zu verdienen. Ihr Traum ist es, irgendwann wieder zur Schule zu gehen – denn sie will Krankenschwester werden. „Ich möchte Menschen helfen, die krank sind“, sagt sie.

Melissa (18) mit ihrem Sohn Izla Bethdavid

Junge Menschen sind gezwungen, riskante Entscheidungen zu treffen

Ohne die von den Schulen gebotenen Sicherheitsstrukturen sind Mädchen sehr viel anfälliger für sexuellen Missbrauch und Ausbeutung. Armut ist eine der Hauptursachen für den Anstieg der Teenagerschwangerschaften. In Sambia steigen die Lebenserhaltungskosten immer weiter, während vielen Menschen zu Zeiten des pandemiebedingten Lockdowns wichtige Einkommensmöglichkeiten wegbrachen. Viele Familien haben Mühe, sich ausreichend zu versogen – und junge Menschen treffen riskante Entscheidungen, um zu überleben.

Auch Keira (18) ging gern zur Schule, lernte fleißig und wollte ebenfalls wie Melissa im Gesundheitswesen arbeiten. „Ich möchte eine gebildete Frau sein“, sagt sie. „Ich glaube, dass man mit Bildung ein gutes Leben haben kann, dass man nicht leiden muss. Mein Traum ist es, Ärztin, Krankenschwester oder Hebamme zu werden. Ich würde gern die Babys meiner Freundinnen zur Welt bringen.“

„Die Schule war mein Glücksort! Ich wollte bleiben, aber wir konnten es nicht mehr finanzieren.“

Keira (18), wurde im Lockdown schwanger

Als auch in ihrer Gemeinde alles abgeriegelt wurde, wurde auch der Markt, auf dem ihre Mutter arbeitete, teilweise geschlossen. Das wirkte sich auf die Finanzen der Familie aus. „Meine Mutter verkaufte an fünf Tagen in der Woche Second-Hand-Kleidung auf dem Markt, aber wegen der Abriegelung und der Beschränkungen konnte sie nur noch zwei Mal pro Woche hingehen“, so die 18-Jährige. „Wir hatten weniger Einkommen und ich musste aufhören, zur Schule zu gehen. Ich war so traurig – die Schule war mein Glücksort! Ich wollte bleiben, aber wir konnten es nicht mehr finanzieren.“

Keira (18) träumt davon, Ärztin oder Hebamme zu werden Izla Bethdavid

Da es für sie keine Möglichkeit gab, Geld zu verdienen, regten ihre Freund:innen an, dass sie sich einen Freund suchen könnte. „Ich fing an, mich mit Jungs zu verabreden und dachte, dass ich damit das Problem lösen könnte, doch ich wurde schwanger“, erzählt Keira. „Ich wusste nichts über Verhütungsmittel und mir wurde nur gesagt, dass sie für Verheiratete seien und dass ich, wenn ich sie benutzte, in Zukunft keine Kinder mehr haben würde.“

Mehr Jungen als Mädchen kehrten zurück in die Schulen

Da die Zahl der Teenagerschwangerschaften während der Covid-19-Pandemie eskalierte, kehrten mehr Jungen als Mädchen zurück, als die Schulen in Sambia endlich wieder geöffnet wurden (lesen Sie dazu auch diese Geschichte aus Uganda: Warum viele Mädchen nicht in den Unterricht zurückkehren). Mädchen, die schwanger werden und die Schule nicht abschließen, haben eher mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Ihre Kinder überleben seltener das Säuglingsalter, schließen seltener die Schule ab und haben eher mit einer Langen liste sozialer, emotionaler und wirtschaftlicher Probleme zu kämpfen.

Auch Susans (19) Mutter arbeitet auf dem Markt. Auch sie war nicht mehr in der Lage, das Schulgeld für ihre Tochter zu bezahlen. Wie Keira dachte auch Susan, dass die Suche nach einem Freund eine Lösung für ihre Probleme sein würde. „Ich habe versucht, selbst Wege zu finden, Geld zu beschaffen“, erzählt Susan. „Meine Freundinnen sagten mir, ich solle mir einen Freund suchen. Sie hatten einen Freund, der ihnen Geld gab. Ich hatte Angst, dass meine Mutter es herausfinden würde. Doch meine Freundinnen sagten, ich solle es einfach machen, sie würde es nicht erfahren.“

Auch sie dachte, Verhütungsmittel seien nur für verheiratete Paare. „Dann wurde ich schwanger“, so die 19-Jährige. „Mein Freund war nicht in der Schule, er ist 21 Jahre alt. Er hat mich verlassen und hat jetzt eine andere Freundin.“ Susan ist inzwischen im fünften Monat schwanger und lebt weiterhin bei ihrer Mutter. Die Covid-19-Pandemie hat ihr Leben verändert. „Und das auf eine Weise, die ich mir nie hätte vorstellen können“, sagt die junge Mutter traurig. „Ich wünschte, ich wäre noch in der Schule und könnte meine Ausbildung fortsetzen.“

Susans (19) Freund verließ sie, nachdem sie schwanger wurde Izla Bethdavid

„Ich möchte eine Stimme in unserer Gemeinschaft sein, damit keine anderen Mädchen schwanger werden und die Schule verpassen.“

Keira (19)

Jugendfreundliche Räume in Gesundheitszentren

Das Programm „Generation Change!“ (etwa: Generation Wandel!) von Plan International arbeitet in Sambia daran, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Kinder und Jugendliche, insbesondere Mädchen, abzumildern. Das Programm zielt darauf ab, die Gleichstellung der Geschlechter und den Zugang zu Schutz vor Gewalt und zu sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung zu verbessern. Darüber hinaus zielt es darauf ab, das Selbstwertgefühl der Mädchen zu stärken, ihr Bewusstsein für ihre Rechte zu schärfen, kollektive Kraft zu stärken und wirtschaftliche Sicherheit zu schaffen.

Susan, Keira und Melissa konnten die Unterstützung von jugendfreundlichen Räumen in Anspruch nehmen, die im Rahmen des Projekts in ihren Gemeinden eingerichtet wurden. Die Räume sind an kommunale Gesundheitszentren angeschlossen, werden aber von jungen Menschen und Gesundheitsexperten betreut, die in jugendfreundlicher Gesundheitsversorgung und Beratung geschult sind. „Ich besuche normalerweise den jugendfreundlichen Bereich in der Klinik. Die Menschen dort sind eine große Unterstützung und ich habe viel über meine sexuelle und reproduktive Gesundheit und meine Rechte gelernt“, sagt Keira. „Ich möchte gern ein aktives Mitglied werden – eine Stimme in unserer Gemeinschaft, damit keine anderen Mädchen schwanger werden und die Schule verpassen.“

Die Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Sambia erstellt.

Mit einer Patenschaft helfen

In Sambia steht der Ausbau der medizinischen Versorgung im Fokus unserer Arbeit. Mit einer Patenschaft unterstützen Sie nicht nur ihr Patenkind, sondern auch die gesamte Gemeinde. Denn durch Ihre Hilfe können wir wichtige Projekte in der Gemeinde umsetzen – wie etwa die Einrichtung von Gesundheitsdiensten.  

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