Lucy und kleiner Junge

Indiens Kinder ergreifen ihre Chancen

Abseits typischer Touristenrouten ferne Länder entdecken und dabei die Plan-Projekte kennenlernen – seit zwei Jahren bieten wir solche Reisen für unsere Pat:innen an. In Zusammenarbeit mit Gebeco flogen im Frühjahr 17 Interessierte nach Indien, besuchten ihre Patenkinder und erfuhren mehr über unsere nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit. Gina Mason aus der Abteilung Patenbegleitung von Plan International Deutschland begleitete die Gruppe und schrieb ihre Eindrücke auf.

Die Jüngsten bereiten sich auf das Leben vor

Vishnu, zwölfjähriger Präsident des Jugendclubs, weiß genau, worauf es für die Kids seiner Region ankommt.
Vishnu, zwölfjähriger Präsident des Jugendclubs, weiß genau, worauf es für die Kids seiner Region ankommt.

Hitze, Staub, die Sonne brennt. Wir sind in Rajasthan in der Wüste Thar. Die Gruppe stapft durch den heißen, braunen Sand. Aus einfachen grauen Häusern winken uns freundliche Menschen zu, die Frauen in rote Gewänder und Tücher gehüllt, rosa und orange dazwischen. Es sind lebhafte Farbklekse, wie Blüten. Wir lachen und grüßen trotz aller Strapazen zurück. „Wir“ – das sind 17 Pat:innen, meine Kollegin Inga Matthiesen und ich. Und natürlich die Kolleginnen und Kollegen von Plan International Indien, unsere Fachleute für diesen Teil der Reise. Ausgangspunkt ist die Stadt Bikaner. Am Vorabend haben uns die indischen Kolleginnen Munira Vaid und Swati Patel dort über die Arbeit von Plan in
Indien informiert. Dazu genossen wir unser Lieblingsgetränk: Masala Tee oder „Chai“, Schwarztee mit Gewürzen und Milch. Unsere jüngste Teilnehmerin Charlotte (18) hat gerade Abitur gemacht. Paul, ehemals Architekt, ist rüstige 82 und begeisterter Fotograf. Auf unserer Reise jagte bisher ein Highlight das nächste, Tempel und Paläste aus der Mogul-Zeit beispielsweise. Und jeden Tag dachten wir: Besser geht es nicht mehr – und täuschten uns immer wieder.

Am nächsten Tag und 91 Kilometer entfernt von Bikaner wird das Treffen mit den Patenkindern und jungen Frauen ein weiterer emotionaler Höhepunkt. Im Projektgebiet Lunkaransar gibt es sechs sogenannte „Anganwadi“-Zentren, in denen Jungen und Mädchen den Tag verbringen können. Die Einrichtungen sind weit mehr als ein Kindergarten. Sie bilden Erzieherinnen aus und bieten parallel den Müttern Schulungen zur Gesundheitsvorsorge. Außerdem wird Mangelernährung behandelt sowie Spiel- und Lehrmaterial zur Verfügung gestellt. Unsere „Youngsters“ Charlotte, Lucy und Anna spielen mit den Kleinkindern und werden mit lachenden Gesichtern belohnt, als sie ein Lied vortragen. In der benachbarten Grundschule begrüßen uns gleich 80 Kinder und ihre Lehrer. Vishnu, der zwölfjährige Präsident des Jugendclubs, erklärt uns mit der vehementen Beredsamkeit eines Politikers die Ziele des Clubs, dem 39 Schüler:innen angehören. Es geht um finanzielle Grundkenntnisse und „Life Skills“, die den Kindern ihren Weg ins spätere Berufsleben ebnen werden. Ihm zur Seite stehen Asmita (10), die die Kasse verwaltet, und Protokollführer Pradeep (9). Gerade haben sie die örtliche Bank besucht, um herauszufinden, wie diese funktioniert. In den regelmäßigen Treffen wird Wissen zu bedeutsamen Alltagsthemen erarbeitet und geteilt. Ganz nebenbei sparen die Kinder kleine Beträge, um später gemeinsamnützliche Dinge anzuschaffen. 

Mehr als eine Schule

Das Elefantenlied hat das Eis bei den Kleinsten gebrochen.
Das Elefantenlied hat das Eis bei den Kleinsten gebrochen.

In den meisten Dörfern gibt es keine weiterführenden Schulen. Nach Beendigung der Hauptschule werden die Mädchen im Alter von 14 oder 15 Jahren schnell verheiratet. Legal ist das nicht, in Indien ist das Heiratsalter an die Volljährigkeit mit 18 Jahren gekoppelt, aber das wird oftmals ignoriert. Um Mädchen faire Bildungschancen zu eröffnen, unterstützte Plan International die Gründung eines „Resident Campus“. Neun Monate büffeln junge Frauen in dem Internat für die reguläre Aufnahmeprüfung der Regierung, um so doch noch an eine weiterführende Schule zu kommen. Hindi, Englisch, Mathematik, Sozialwissenschaften und Geografie stehen auf dem Programm. Hinzu kommen Workshops zu so gewichtigen Themen wie Kinderrechte und Kinderschutz, Sexualkunde, Familienplanung, Hygiene und Gesundheit. Es gibt offene Diskussionen über Kinderheirat, Mitgift und die Abtreibung weiblicher Föten. Drei problematische Themen, die vor allem das Leben der Frauen in ganz Indien berühren.

Das Internat wird von Mädchen im Alter von 16 bis 19 Jahren besucht, die alle Abitur machen möchten. Einige sind schon verheiratet – und ergreifen trotzdem ihre Chance auf bessere Bildung. Sie stammen aus weit entfernten Dörfern. Ihre Eltern oder Ehemänner haben sich überzeugt, dass sie im „Resident Campus“ gut und sicher aufgehoben sind. Der Stundenplan – von den Mädchen selbst zusammengestellt – hat es in sich: wecken um fünf Uhr morgens, Unterricht, Sport, Lernen, um elf Uhr nachts dann endlich „Licht aus“.

Für uns nehmen sich die Schülerinnen Zeit, sie erwarten uns im Klassenzimmer, und wir stellen uns gegenseitig Fragen. Selbstbewusst und stark treten die jungen Frauen auf. Sie haben sehr bodenständige Träume und Berufswünsche: Meena will Lehrerin werden. Priyas Wunsch ist es, eine eigene Firma zu gründen. Parvati möchte Kommissarin bei der Kriminalpolizei werden. Sie erzählt: „Ich wohne allein mit meiner Mutter in einem weit entfernten Dorf. Immer wieder sollen sehr junge Mädchen verheiratet werden. Ich weiß, dass das verboten ist. Wenn ich davon erfahre, melde ich es der örtlichen Polizei, die die Hochzeit dann verhindert.“ Sorge, dass sich jemand mal dafür rächt, hat sie keine. „Ich kenne meine Rechte“, erklärt sie kämpferisch.

Beifall für den Mädchenschutz

Wir sind emotional berührt, als die Mädchen uns ein kleines Theaterstück vorführen. Darin bittet eine schwangere Frau ihren Ehemann, das Baby – ein Mädchen – behalten zu dürfen. Der Mann lehnt ab. „Noch ein Mädchen? Nicht mit mir!“ Seine Frau solle abtreiben. Kein Betteln und Flehen kann ihn erweichen. Denn ein Mädchen sei nur eine unnötige Esserin, brauche später eine Mitgift und dann wandere sie noch in die Familie des Ehemannes ab. Aber in der Nacht plagen ihn Alpträume. Mutter, Schwester, Tante fragen: „Warum hast du uns nicht ermordet? Wir sind auch Frauen.“ Schweißgebadet erwacht er, ruft seine Frau und erlaubt ihr, das Mädchen zu behalten – es gibt ein Happy End. Wir sind stark beeindruckt und klatschen uns die Hände rot.

Ungewöhnliche Superlative

Die Familie Schnittger-Kossek hat sich auf dieser Reise auch mit ihrem Patenkind getroffen.
Die Familie Schnittger-Kossek hat sich auf dieser Reise auch mit ihrem Patenkind getroffen.
Neben den Besuchen im Plan-Programmgebiet standen auch Kulturdenkmäler auf dem Programm.
Neben den Besuchen im Plan-Programmgebiet standen auch Kulturdenkmäler auf dem Programm.

Zwei Familien unserer Gruppe treffen schließlich ihre Patenkinder. Zwei weitere Patinnen haben ihre Patenkinder schon vorher besucht – in Delhi und in Udaipur. Die Aufregung ist nun auch hier wieder groß, und wir anderen fiebern mit. Die Patinnen und Patenkinder mit ihren Familien genießen die Privatsphäre eines Klassenzimmers, damit sie sich in Ruhe kennenlernen können.

Zum Abschluss unseres Besuchs sitzen alle erwartungsvoll in der Versammlungshalle. Auf der Bühne tanzen die Kinder und Jugendlichen, und wir werden zum Mitmachen aufgefordert. Die Mädchen tragen Gewänder wie aus den Märchen von „Tausendundeine Nacht“. Ein ergreifendes Gedicht zum Thema Alkohol in der Familie wird deklamiert und ein weiteres Rollenspiel aufgeführt zum Thema Kinderheirat. Als die viel zu junge Braut laut weinend vom Ehemann aus dem Elternhaus geführt wird, möchten wir am liebsten eingreifen. Hier ist es nur ein Bühnendrama, aber für Millionen Mädchen in Indien bittere Realität.

Dann muss unsere Reisegruppe auf die Bühne. Am Vorabend haben wir drei Lieder einstudiert. Der Renner ist „Bruder Jakob“. Dreistimmig. Tosender Applaus. Am nächsten Tag ist es still im Bus. Unterwegs zur letzten Station der Reise „Castle Mandawa“ hängen alle ihren Gedanken nach, versuchen, das Erlebte zu verarbeiten. Indien ist ein Land der Superlative, in jeder Hinsicht. Vieles wird uns immer unverständlich bleiben, doch die Arbeit von Plan International hat uns alle beeindruckt. Der Besuch vor Ort motiviert, mit der Unterstützung für Kinder weiterzumachen.

Die nächsten Patenreisen

In Zusammenarbeit mit Gebeco Reisen bieten wir Touren exklusiv für unsere Pat:innen und Spender:innen an. Die Gruppengröße beträgt jeweils 20 Personen. Das Besondere an den etwa zehntägigen Reisen ist ihre Programmvielfalt. Es geht zu touristischen Highlights der Zielländer und im Anschluss besuchen Sie zwei bis vier Tage lang mit dem Plan-Team Projekte in den Gemeinden. So lernen Sie unsere Arbeit kennen. Die voraussichtlichen nächsten Reisetermine finden Sie hier.

Ein Bericht von Gina Mason.

Als Pat:in bekommen Sie viel Freude zurück.

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  • Mit nur 28 € im Monat unterstützen Sie Ihr Patenkind und seine ganze Gemeinde. Sie können die Zahlung mit einer formlosen Mitteilung jederzeit ohne Angabe von Gründen beenden.
  • Zu Beginn der Patenschaft für ein Kind erhalten Sie Unterlagen mit Fotos Ihres Patenkindes und seiner Familie sowie Informationen über ihre Situation und das Land.
  • Sie erhalten jährlich aktuelle Fotos und Informationen von Ihrem Patenkind und über Projekte im Umfeld der Familie.
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  • Wir senden Ihnen pro Jahr zwei Ausgaben des Patenschafts-Magazins Plan Post, teilen noch mehr Neuigkeiten in einer digitalen Plan Post und schicken Ihnen zu Beginn eines Jahres eine Spendenbescheinigung.
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