Zwischen Zelt und Zukunft

Foto: Enzo Mauro Tabet Cruz

Im Geflüchtetenlager Dzaleka in Malawi setzt sich Florence für die Rechte von Kindern ein – und lässt aus Hoffnung konkretes Handeln werden.

Das Geflüchtetenlager Dzaleka liegt rund 40 Kilometer nördlich der malawischen Hauptstadt Lilongwe. Ursprünglich für 10.000 Menschen konzipiert, beherbergt es mittlerweile über 50.000 Geflüchtete, vor allem aus der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), Burundi und Ruanda. 

Viele von ihnen sind vor bewaffneten Konflikten, politischen Unruhen und Gewalt geflohen. Allein aus der DR Kongo mussten in den letzten Jahren Millionen Menschen ihr Zuhause verlassen. 

Dzaleka ist für die meisten, die dort ankommen, ein Ort der relativen Sicherheit. Allerdings birgt das Lager auch neue Herausforderungen: Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, der Zugang zu Bildung und Arbeit begrenzt. Dennoch wächst hier eine Gemeinschaft, die trotz widriger Bedingungen Wege findet, ihre Stimme zu erheben – so wie Florence.

Karte des südostafrikanischen Landes Malawi
Malawi in Südostafrika: Das Geflüchtetenlager Dzaleka liegt etwa 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lilongwe Plan International
Ein junges Mädchen mit Brille sitzt an einem Tisch, auf dem sie die Arme aufgestützt hat, und lächelt selbstbewusst in die Kamera
Florence kämpft trotz großer Herausforderungen für die Rechte von geflüchteten Kindern Enzo Mauro Tabet Cruz
Closeup eines Arms mit Perlenarmbänder. Auf einem Armband steht das Wort "Trust".
Das Perlenarmband mit der Aufschrift "TRUST" ist für Florence ein stilles Zeichen für Hoffnung und Zusammenhalt Enzo Mauro Tabet Cruz

Ein Neubeginn mit sechs Jahren

Florence war erst sechs Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter aus der DR Kongo floh. Ihr Vater war verschwunden, ihre Kindheit geprägt von Krieg. „Zum ersten Mal fühlten wir uns sicher. Niemand kam nachts, um uns zu töten“, erinnert sich das Mädchen an die Ankunft in Dzaleka. 

Sie begann früh, ihre Erfahrungen durch Songwriting zu verarbeiten – ein kreativer Ausweg, der ihr half, das Erlebte in Worte zu fassen. Mit 15 wurde sie Mitglied des Kinderparlaments von Dzaleka, das 2015 von Plan International und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ins Leben gerufen wurde. Hier können Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren über Themen wie Bildung, Schutz und Gleichstellung sprechen und recherchieren sowie mit Entscheidungsträger:innen in den Austausch gehen.

„Zum ersten Mal fühlten wir uns sicher.“

Florence (18), Geflüchtetes Mädchen aus der DR Kongo

Plan International unterstützt die Kinderparlamente durch regelmäßige Workshops, in denen Jugendliche wie Florence lernen, sich auszudrücken, zuzuhören und ihre Ideen zu formulieren. Auch Moderationstrainings, Recherchehilfen und Materialpakete gehören dazu – damit aus Meinung Schritt für Schritt Beteiligung wird.

Mädchen stärken – zuhause und in der Gemeinschaft

Aufgewachsen in einem männlich dominierten Haushalt, war Florence früh mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter konfrontiert. Als einziges Mädchen unter Brüdern übernahm sie oft zusätzliche Aufgaben, bis sie begann, sich gegen diese Rollenbilder zu stellen. Mit Unterstützung ihrer Mutter veränderte sie schließlich die familiäre Dynamik. „Jetzt helfen meine Brüder mir bei allem“, sagt sie stolz. „Ein Mädchen sollte die Schönheit der Welt genießen können“, fügt sie poetisch hinzu.

Plan begleitet Mädchen im Lager mit gezielten Empowerment-Trainings und Gesprächsräumen, in denen Erfahrungen geteilt und neue Perspektiven entwickelt werden. Auch Florence nahm an einem dieser Programme teil. Es war das erste Mal, dass sie offen über geschlechtsbasierte Ungleichbehandlung sprach und dabei spürte, wie aus Unsicherheit Klarheit wachsen kann.

Drei Mitglieder des Jugendbeirats zeigen das Herzzeichen für Frieden
Heritier, Marveille und Florence, Mitglieder des Jugendbeirats, formen ein Herzzeichen als Symbol für Frieden Enzo Mauro Tabet Cruz
Kinder und Jugendliche des Parlaments sitzen im Raum und hören einer Plan-Mitarbeiterin zu
Kinder im Dzaleka-Geflüchtetenlager nehmen aktiv an einer Sitzung des Kinderparlaments teil Enzo Mauro Tabet Cruz

Selbstwirksamkeit weitergeben

Eine besondere Erfahrung war für Florence die Unterstützung eines befreundeten Kindes mit Behinderung, das sich im Kinderparlament engagieren wollte. Gemeinsam bereiteten sie sich auf ein landesweites Kindertreffen in Lilongwe vor. „Ich habe versucht, ihn zu bestärken, damit er selbst sprechen kann“, sagt sie. „Mit der Zeit hat er Vertrauen in sich gefunden.“

Solche Momente zeigen: Bildung und Teilhabe sind der Schlüssel zu Selbstbestimmung. Plan stellt dafür auch praktische Unterstützung bereit, etwa Transportmöglichkeiten zu Treffen, Betreuungspersonen oder Übersetzungshilfen, wenn Kinder mit besonderen Bedürfnissen sich einbringen möchten.

Trotz ihres Engagements begegnet Florence in der Schule und in der Gesellschaft immer wieder Vorurteilen. Kritisiert wird sie zum Beispiel dafür, dass sie als Mädchen öffentlich spricht. Doch sie bleibt standhaft. „Viele sprechen über Geflüchtete, als wären wir Menschen ohne Wert“, sagt sie. „Doch wir haben dieselben Fähigkeiten und Träume wie alle anderen.“

„Viele sprechen über Geflüchtete, als wären wir Menschen ohne Wert.“

Florence (18), floh mit ihrer Mutter aus der DR Kongo
Ein Mädchen spricht vor dem Youth Advisory Panel im Dzaleka-Geflüchtetenlager
Ein Mädchen aus dem Dzaleka-Geflüchtetenlager spricht engagiert beim Youth Advisory Panel, um positive Veränderungen anzustoßen Enzo Mauro Tabet Cruz
Zwei Mädchen im Dzaleka-Geflüchtetenlager heben während einer Sitzung des Kinderparlaments die Hand, um sich zu Wort zu melden.
Zwei Mädchen im Dzaleka-Geflüchtetenlager melden sich während einer Sitzung des Kinderparlaments zu Wort Enzo Mauro Tabet Cruz

Bildung als Schlüssel zur Zukunft

Weil sie weiß, wie wichtig ein inklusiver Zugang zu Bildung ist, fordert Florence gezielte Stipendienprogramme und Weiterbildungsangebote in Dzaleka – vor allem für Mädchen. Diese Forderung bringt sie regelmäßig in ihre Treffen mit Entscheidungsträger:innen ein. Wie sie das tun muss, hat sie in den Dialogforen von Plan International gelernt. Hier werden Jugendliche gezielt auf solche Gespräche vorbereitet, sie lernen, wie man Forderungen begründet, Argumente aufbaut und sich Gehör verschafft. 

„Ein gebildeter Geflüchteter kann auf eigenen Beinen stehen“, betont Florence. „Und so anderen helfen, ihren eigenen Weg zu finden.“ Die Kinderrechtsorganisation unterstützt sie dabei: etwa durch die Vermittlung von Stipendien, Nachhilfeangebote im Lager und mobile Lernzentren für Kinder, die keinen Schulplatz erhalten.

Durch ihre Arbeit trug Florence zur Gründung des Dowa-Kinderparlaments (2018) und zur Wiederbelebung des Nationalen Kinderparlaments in Malawi (2021) bei. Sie ist Teil einer wachsenden Bewegung, die Kindern im Lager und darüber hinaus eine Stimme gibt. Plan International begleitet diesen Weg nicht nur organisatorisch, sondern auch strukturell, indem die Organisation sichere Räume bereitstellt, lokale Betreuer:innen ausbildet, Schulen und Gemeinden vernetzt sowie mit staatlichen Stellen zusammenarbeitet, um die Anliegen der Kinder an Entscheider:innen weiterzutragen. Der Grundsatz dabei: Die Themen kommen von den Mädchen und Jungen. 

Florences Geschichte zeigt: Selbst unter schwierigsten Bedingungen können junge Menschen Wandel vorantreiben und für ihre Rechte einstehen. Ihr Einsatz für Gleichberechtigung und Bildung macht Mut und erinnert daran, wie viel möglich ist, wenn Stimmen gehört und Wege geebnet werden.

Die Geschichte wurde mit Material aus dem malawischen Plan-Büro erstellt.

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Malawi zählt weltweit zu den am stärksten von HIV betroffenen Ländern. Wir leisten Aufklärungs- und Präventionsarbeit, tragen zu sicheren Geburten bei und sorgen für eine medizinische Versorgung. Zudem informieren wir über die Risiken von Frühschwangerschaft und Kinderheirat, sichern den Zugang zu inklusiver sowie hochwertiger Bildung und fördern eine nachhaltige Landwirtschaft.

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