Die unsichtbare Unsicherheit der Salomon-Inseln

Foto: Plan International

Junge Menschen bringen Bewegung nach Honiara, um ihre Hauptstadt für Kinder und Jugendliche sicherer zu machen – vor allem für Mädchen.

Eine halbe Weltreise von Europa entfernt liegen die Salomonen – ein paradiesisch anmutendes Königreich in der Südsee. Seine tropische Landschaft täuscht über die Gefahren hinweg, denen der Inselstaat im südlichen Pazifik ausgesetzt ist. Durch die Folgen des Klimawandels steigt der Meeresspiegel und Wirbelstürme nehmen zu. Die Salomon-Inseln rangieren beim Welt-Risikobericht des Bündnis Entwicklung Hilft (BEH), bei dem Plan International Mitglied ist, unter den besonders gefährdeten Gebieten.

Glatte Meeresoberfläche mit zwei Kayaks
Der Klimawandel zeigt sich auf den Salomon-Inseln durch einen steigenden Meeresspiegel und vermehrt auftretende Wirbelstürme Plan International

Doch auch in den Straßen der Hauptstadt Honiara lauern Gefahren – allerdings ganz anderer Art sowie vor allem für Mädchen und junge Frauen. Ähnlich wie in anderen Städten der Welt wird die Sicherheit von Mädchen und heranwachsenden Frauen auch auf den Salomon-Inseln von äußeren Faktoren beeinflusst, die sich beispielsweise aus der baulichen Umwelt, dem sicheren Zugang zu Verkehrsmitteln, ungleichen Machtverhältnissen sowie schädlichen sozialen Normen und geschlechtsspezifischer Diskriminierung und Gewalt gegen sie ergeben.

Stau auf einer Straße
Stau auf den Straßen der Hauptstadt Honiara Plan International
Vier junge Männer aus Honiara
Beim Projekt „Safer Cities – Sichere Städte“ auf den Salomon-Inseln arbeitet Plan International mit Jungen und Männern zusammen Ivan Utahenua

Sichere Städte für Mädchen und junge Frauen in der Südsee

Das Projekt „Safer Cities – Sichere Städte“ von Plan International verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Die Fachleute der Kinderrechtsorganisation arbeiten gemeinsam mit Mädchen und Frauen sowie lokalen Behörden, Jungen, Männern, Eltern und der breiteren Bevölkerung zusammen. Das übergreifende Ziel ist der Aufbau sicherer, verantwortungsvoller und integrativer Städte – insbesondere mit und für heranwachsende Mädchen.

Das Programm zielt darauf ab, die Sicherheit von Mädchen und ihren Zugang zu öffentlichen Räumen zu verbessern, ihre Mobilität in der Stadt zu sichern und ihre aktive Beteiligung an der Stadtentwicklung und -verwaltung zu verbessern. Diskutiert werden dabei auch Verhaltensweisen, die zu einer „unsichtbaren Unsicherheit“ beitragen können, etwa eine im Verborgenen stattfindende sexuelle Belästigung von Mädchen und Frauen sowie geschlechtsspezifische Gewalt gegen sie. Gefahrenherde, die abgeschaltet werden sollen, um die Städte für junge Menschen sicherer und integrativer zu machen.

Schulkinder laufen nach Hause
Mädchen und Jungen auf den Salomon-Inseln sollen sich nicht nur auf dem Schulweg sicher bewegen können John von Ahlen

Durch die vernetzte Zusammenarbeit im Projekt soll zudem Einfluss auf die Stadtplanung genommen werden, um etwa die Beleuchtung von Straßen und Verkehrssystemen zu verbessern. Im Rahmen dieser Initiative trafen sich 30 junge Menschen aus sieben Gemeinden der Salomon-Inseln in der Hauptstadt Honiara mit Vertreter:innen des Stadtrats, um die Ergebnisse einer von ihnen durchgeführten Risikoanalyse vorzustellen.

In der Plan Post berichten einige von ihnen über die Herausforderungen, die sich durch mangelhafte Straßenbeleuchtung, Jugendkriminalität und fehlende Abfallentsorgung in urbanen Lebensräumen ergeben.

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Eine junge Frau sitzt am Konferenztisch
Rowena Tolei ist die „Safer Cities“-Beauftragte für die Gemeinde Kukum Ivan Utahenua

Rowena Tolei: „Respektiert Mädchen und Frauen, respektiert die Rechte der anderen“

„In Kukum haben wir zwei Probleme ausgemacht: die Abfallentsorgung – wir brauchen Mülleimer für unsere Gemeinde – und die Straßenbeleuchtung, die für mehr Sicherheit insbesondere von Frauen und Mädchen sorgt. Wir müssen für sie Risiken in der Gemeinschaft abschaffen, denn wir haben hier viele Probleme mit Jugendlichen, die in Alkohol- und Drogenmissbrauch verwickelt sind. Wenn in den dunklen Ecken Beleuchtung installiert wird, wäre es dort viel sicherer, sich frei zu bewegen.

Wir haben zudem keinen Platz, um unseren Müll zu entsorgen, und wenn es regnet, verstopft er unsere Kanalisation. Es ist also wichtig, dass wir geeignete Müllbehälter haben, denn ich glaube, dass der Abfall unsere Gesundheit beeinträchtigen kann.

„Wir haben viele Probleme mit Jugendlichen, die in Alkohol- und Drogenmissbrauch verwickelt sind.“

Rowena Tolei, „Safer Cities“-Beauftragte für die Gemeinde Kukum auf den Solomon-Inseln

Meine Botschaft an die jungen Menschen in unserem Land lautet: Haltet euch von Drogen und kriminellen Aktivitäten fern. Respektiert Mädchen und Frauen, respektiert die Rechte der anderen und seid immer nett zueinander.“

Ein junger Mann sitzt am Schreibtisch
Duen Lima ist „Safer Cities“-Ansprechpartner für die Gemeinde Tanuli Ivan Utahenua
Drei Jugendliche lachend auf einem Sofa
Im Rahmen des Projekts trafen sich junge Menschen aus sieben Gemeinden der Salomon-Inseln in der Hauptstadt Honiara mit Vertreter:innen des Stadtrats Ivan Utahenua

Duen Lima: „Wenn wir schlechte Seiten in der Gemeinschaft erkennen, müssen wir sie ändern“

„Wir haben einige Probleme unserer Gemeinde vorgestellt, Themen, die aus Risikokartierungen und Umfragen stammen, die wir in der Gemeinde durchgeführt haben. Wir haben versucht herauszufinden, was am dringendsten angegangen werden muss, um die Sicherheit der Menschen zu verbessern.

Das Hauptproblem in Tanuli ist die Beleuchtung – insbesondere für diejenigen, die an der Straße leben. Die Gegend ist dunkel und es ist unsicher für junge Leute, die dort unterwegs sind. Die Menschen können hier abends und nachts nicht sicher herumlaufen. Das muss sich ändern. Auch die Abfallentsorgung ist für uns ein Problem: Es gibt einen Abladepunkt für die ganze Gemeinde, aber es gibt nur einen großen Müllcontainer, der oft voll ist. Also hätten wir gerne einen weiteren.

Zwei junge Leute sitzen am Schreibtisch
Rowena Tolei und Duen Lima vom „Safer Cities“-Projekt sind sich in ihren Forderung an den Stadtrat einig Ivan Utahenua

„Ich würde den jungen Leuten raten, sich an Gemeinschaftsaktivitäten zu beteiligen.“

Duen Lima, „Safer Cities“-Ansprechpartner für die Gemeinde Tanuli auf den Solomon-Inseln

Bei uns gibt es keine Gemeinschaftspolitik. Es gibt unsoziales Verhalten, vor allem bei Jugendlichen. Vielleicht liegt es an ihren individuellen sozialen Problemen, da sie viel Zeit miteinander verbringen. Es ist wirklich schwierig, eine Verhaltensänderung herbeizuführen, denn es ist schwer, mit ihnen zu reden.

Um etwas zu verändern, müssen die Gemeinschaften in Honiara und Umgebung zusammenarbeiten. Wenn wir schlechte Seiten in der Gemeinschaft erkennen, müssen wir sie ändern. Wir müssen zusammenarbeiten. Ich würde den jungen Leuten raten, sich an Gemeinschaftsaktivitäten zu beteiligen und von Drogen und Alkohol fernzuhalten.“

Eine junge Frau sitzt am Schreibtisch
Agape Akao ist die „Safer Cities“-Ansprechperson für die Gemeinde Naha Ivan Utahenua
Jugendliche sitzen in einem Konferenzraum
Junge Projektteilnehmende vernetzen sich mit Behördenvertretern der salomonischen Hauptstadt Honiara Ivan Utahenua

Agape Akao: „Mit Straßenlaternen könnten verborgene Trinkplätze verhindert werden“

„Alles in allem ist es in meiner Gemeinde sicher, vor allem an Wochentagen und tagsüber. Es gibt aber immer noch Probleme in dunklen Ecken, die beleuchtet werden müssen, Müllentsorgung und Abfallmanagement. Und einige Jugendliche sind hier in Alkohol- und Drogenmissbrauch verwickelt.

Straßenbeleuchtung ist wichtig. Auch wenn wir unseren eigenen Gemeindemitgliedern vertrauen, ist die Gemeinde für andere offen. Menschen aus anderen Gegenden kommen hierher, deshalb sind Straßenlaternen wichtig. An den Wochenenden ist es deshalb nicht so sicher, weil eine andere Gemeinde in der Nähe ist und die Leute von dort herumziehen, wenn sie betrunken sind. Wir wissen nicht, was sie bei uns anrichten. An den Wochenenden ist es also nicht sicher für uns Mädchen. Mit Straßenlaternen könnten verborgene Trinkplätze verhindert werden.

„Es geht nicht um das ,Ich‘, sondern um das ,Wir‘.“

Agape Akao, „Safer Cities“-Ansprechperson für die Gemeinde Naha auf den Solomon-Inseln

Wenn wir wollen, dass dieser Ort besser oder sicherer wird, müssen wir selbst damit anfangen. Man muss eine familiäre Einstellung haben und aufeinander aufpassen. Es geht nicht um das ,Ich‘, sondern um das ,Wir‘. Wenn wir uns gegenseitig helfen, können wir eine sichere Gemeinschaft haben und unsere Frauen und Mädchen können sich frei und ohne Angst bewegen. Es fängt also bei jedem Einzelnen an. Und immer daran denken: Es nicht um ,mich‘, sondern um ,uns‘. Das Wort ,wir‘ sollte Teil bei allem sein, was getan wird, um einen sichereren Ort für uns alle schaffen.“

Schnell schreiben am Schreibtisch
Die „Safer Cities“-Beauftragten spiegeln besprochene Punkte an ihre Gemeinden Ivan Utahenua
Ein junger Mann präsentiert an einer Tafel
Bruno Taupongi, „Safer Cities“-Beauftragter für Riffle Range im Westen von Honiara, stellt eine Risikoanalyse aus seiner Gemeinde vor Ivan Utahenua

Bruno Taupongi: „Es ist besser für uns, dieses Problem jetzt anzugehen“

„Als Befürworter des Projekts bin ich mir der Bedeutung guter Straßenbeleuchtung bewusst, insbesondere an der Bushaltestelle von Riffle Range. Entweder stellen wir dort Straßenlaternen auf oder wir bitten die Stadtverwaltung von Honiara, die Bäume zu fällen, damit es dort nachts keine dunklen Ecken mehr entlang der Straße gibt.

Bei unserer Diskussion haben wir auch die Bedeutung der Müllentsorgung hervorgehoben. Wir alle wissen, dass je mehr Menschen an einem Ort leben, desto mehr Müll dort anfällt. Der Abfall wird dadurch zu einem Problem in meiner Gemeinde. Wir brauchen also mehr Mülleimer an den Straßen. Je mehr es gibt, desto gleichmäßiger wird der Müll verteilt, was verhindert, dass etwas danebenfällt und Hunde in der Gegend herumstreunen und den Müll verteilen. Das macht unser Viertel unansehnlich.

Zwei Mitglieder des Stadtrats von Honiara haben an unserer Sitzung teilgenommen, einer von der Bauabteilung, der zweite von der Abteilung für Raumplanung. Die beiden Beamten äußerten sich positiv und werden ihrem Vorstand Bericht erstatten. Wir hoffen, dass wir über diesen Kontakt an der Verbesserung unserer Gemeinden arbeiten können.

„Mädchen und Jungen sind diejenigen, die am meisten Raum und Sicherheit brauchen, um glücklich zu sein.“

Bruno Taupongi, „Safer Cities“-Beauftragter für die Gemeinde Riffle Range auf den Solomon-Inseln

Während unseres Treffens kam immer wieder der Bedarf an Straßenbeleuchtung zur Sprache. Die Ratsmitglieder teilten uns mit, dass sie mehr als hundert gespendete Lampen in den zwölf Bezirken von Honiara installiert hätten. Ich weiß nicht, wie es in anderen Gemeinden aussieht, aber ich habe in Riffle Range keine einzige Lampe gesehen. Damit wir das Ziel einer besseren Straßenbeleuchtung erreichen können, müssen wir irgendwo anfangen. Es ist besser für uns, dieses Problem jetzt anzugehen, als darauf zu warten, dass irgendetwas passiert.

Eine Diskussionsrunde in einem Saal
Die Ergebnisse seiner Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus seiner Gemeinde diskutiert Bruno Taupongi mit Gleichaltrigen sowie der Stadtverwaltung Ivan Utahenua

Das andere Problem ist die Gesetzlosigkeit. Die Trinkerquote und das Fehlverhalten einiger Gemeindemitglieder sind extrem hoch. Dies ist unser Zuhause, in dem wir viele Jahre verbringen werden und in dem unsere Kinder aufwachsen werden. Mädchen und Jungen sind diejenigen, die am meisten Raum und Sicherheit brauchen, um glücklich zu sein. Für sie könnte es zweifellos ein besserer Ort sein. Wir wünschen uns ein besseres Zuhause, in dem alle frei leben und die Umgebung genießen können.

„Wir wünschen uns ein besseres Zuhause, in dem alle frei leben und die Umgebung genießen können.“

Bruno Taupongi, „Safer Cities“-Beauftragter für die Gemeinde Riffle Range auf den Solomon-Inseln

Die Interessen der jungen Menschen von heute sind unterschiedlich, daher können wir nicht alles hundertprozentig umsetzen. Aber damit die Gemeinschaft ein sicherer Ort für alle wird, müssen wir zusammenarbeiten. Es ist unmöglich, dass eine Person dies allein schafft. Die Gemeinschaft beginnt mit uns und die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat und Nichtregierungsorganisationen wie Plan International kann eine Gemeinde völlig verändern. Dazu müssen wir bei uns selbst anfangen, und zwar auf eine positive Art und Weise, die dann auf andere abstrahlt.“

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