Selbst ist die Frau

Foto: Plan International

Mit dem Frauenkondom lernen Frauen in Guinea, selbstbestimmter zu sein und die Kontrolle über ihre sexuelle Gesundheit zu übernehmen.

Es ist ein heißer Vormittag in Boké, im Westen Guineas. Ventilatoren surren leise an den Decken eines einfachen, weiß getünchten Raumes. An einem großen Tisch sitzen etwa zwei Dutzend Frauen dicht nebeneinander, ihre Augen aufmerksam auf das Geschehen vor ihnen gerichtet. In ihren Händen sind farbenfrohe Broschüren mit Zeichnungen und Erklärungen. Vor ihnen liegt ein unscheinbares, durchscheinendes Objekt, für viele ist es etwas völlig Neues: Ein Frauenkondom. 

„Wenn ich ein Frauenkondom benutze, weiß ich, dass ich mich selbst schützen kann“, sagt Mariama, eine Teilnehmerin der Informationsveranstaltung. Sie ergänzt: „Ich muss nicht mehr darauf warten, dass mein Partner ein Kondom verwendet. Heute habe ich gelernt, dass ich Verantwortung für meine eigene Gesundheit übernehmen kann – und auch darf.“

Karte, in der Guinea orange eingefärbt ist
Boté liegt im Südwesten Guineas, nahe der Grenze zu Sierra Leone Plan International
Eine Frau liest sich aufmerksam eine Broschüre durch
Eine Teilnehmerin informiert sich mithilfe eines Plan-Flyers über die zentralen Inhalte der Schulung Plan International

Aufklärung und Schutz in Guinea

In Guinea sind Aufklärung und Zugang zu Verhütungsmitteln für viele Frauen nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. Die HIV-Prävalenz unter Erwachsenen im Alter von 15 bis 49 Jahren liegt bei rund 1,4 Prozent (TheGlobalEconomy, 2022), unter besonders betroffenen Gruppen wie Sexarbeiterinnen ist sie sogar deutlich höher. Junge Frauen sind besonders vulnerabel: Mit 157 Geburten pro 1.000 Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren gehört Guinea zu den Ländern mit den weltweit höchsten Raten von Teenagerschwangerschaften (MotherHow, 2023). Fehlender Zugang zu Verhütungsmitteln, mangelnde Aufklärung und gesellschaftliche Tabus verschärfen diese Herausforderungen.

In genau diesem Umfeld setzt ein Pionierprojekt an, das von Plan International im Rahmen einer vom Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria finanzierten Initiative umgesetzt wird. Ziel ist es, Frauen über sichere Verhütung und Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen, insbesondere HIV, aufzuklären und ihnen konkrete Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben.

Praktisches Wissen im Fokus 

Das Frauenkondom bietet eine Alternative: Es kann selbstbestimmt verwendet werden, unabhängig von der Zustimmung eines männlichen Partners. In Kontexten, in denen Machtverhältnisse in Partnerschaften ungleich verteilt sind, ist das ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Autonomie von Frauen.

Die Aufklärungssitzungen sind praxisnah gestaltet. Mariama demonstriert, wie das Kondom korrekt angewendet wird: “Zuerst das Verfallsdatum prüfen, dann die Verpackung vorsichtig öffnen. Etwas Gleitmittel auf den inneren Ring geben, das Kondom vor dem Sex einführen und den Sitz kontrollieren. Nach dem Sex vorsichtig mit dem äußeren Ring herausziehen.” Die Teilnehmerinnen dürfen die Kondome selbst in die Hand nehmen, Fragen stellen und eigene Erfahrungen teilen.

Bountouraby, eine der Trainerinnen, betont, wie wichtig es ist, Vorurteile abzubauen: „Manche denken, das Frauenkondom sei kompliziert oder nicht wirksam. Aber wenn sie es einmal gesehen und verstanden haben, ändert sich vieles.“ Sie wünscht sich, dass Kondome für Frauen bald in allen Gesundheitszentren verfügbar sind.

Eine Frau mit drei Frauenkondomen in der Hand blickt selbstbewusst in die Kamera
Bountouraby mit einigen der Frauenkondome, die sie erhalten hat Plan International
Frauen sitzen an einem langen Holztisch. Sie nehmen offenbar an einer Schulung teil.
Gruppenschulung zur Anwendung des Frauenkondoms Plan International

„Viele Frauen denken, Verhütung sei allein Sache des Mannes.“

Mabinty, Teilnehmerin des Workshops
Eine Frau hält drei Frauenkondome in die Kamera
Nach Abschluss der Schulung erhalten die Teilnehmerinnen einige Frauenkondomen Plan International

Wissen weitertragen

Nach jeder Veranstaltung erhalten die Teilnehmerinnen eine kleine Ausstattung: Kondome zum Ausprobieren, eine anschauliche Broschüre und Adressen von lokalen Verteilstellen. Viele der Frauen tragen ihr neu erlerntes Wissen weiter: In ihre Familien, ihre Nachbarschaften oder an jüngere Mädchen, die vielleicht noch nicht so offen über Sexualität sprechen können.

Bisher wurden im Rahmen des Projekts über 560 Frauen in verschiedenen Regionen Guineas geschult. Grundlage für die Inhalte der Schulungen zum Frauenkondom waren Fokusgruppengespräche, in denen Frauen ihre Fragen, Erfahrungen und Sichtweisen zum Thema einbringen konnten. Dieses partizipative Vorgehen sorgt dafür, dass auf die individuellen Bedürfnisse der Frauen eingegangen werden kann.

Mabinty bringt es zum Schluss auf den Punkt: „Wir wollen, dass mehr Frauen erfahren, was wir heute gelernt haben. Denn Aufklärung gibt uns die Freiheit, für uns selbst zu sorgen.“ Diese Entscheidung beginnt oft im Kleinen, doch sie kann große Fortschritte bewirken.

Die Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Guinea erstellt.

Mädchen und junge Frauen stärken

Plan International engagiert sich für den Schutz, die Bildung, Gesundheit, politische Teilhabe und Einkommenssicherung von Mädchen und jungen Frauen. Sie sind von Geburt an oftmals stärker benachteiligt als Jungen. Mit Ihrer Spende in unseren Mädchen-Fonds unterstützen Sie weltweit Hilfsprojekte für Mädchen und Frauen sowie unser Programm „Girls Lead“. 

Seit 2003 leistet der Mädchen-Fonds einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Benachteiligung, Armut und Gewalt.

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