Kollektive Erfolge in der Schulkantine

Foto: Diafara Traoré

Zwischen Überfällen und Klimakrise suchen Kinder in Mali ein Stück Normalität – und ihre Eltern gehen bei der Ernährung keine Kompromisse ein.

Mali erlebt derzeit eine schwere Hungerkrise, die durch jahrelange Konflikte, den Klimawandel und die weltweit gestiegenen Nahrungsmittelpreise verursacht wird. 8,8 Millionen Menschen in dem westafrikanischen Land sind auf humanitäre Hilfe angewiesen und 1,5 Millionen Kinder leiden dort an akuter Unterernährung, wie Statistiken der Vereinten Nationen zeigen. Vor allem im Norden Malis schwinden aufgrund der Dürre die Möglichkeiten, erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können.

Ein Mädchen läuft über Sand
Vor allem auf Kinder hat der Hunger fatale Auswirkungen Diafara Traoré

Der Hunger hat fatale Auswirkungen auf alle Menschen – auch und gerade Minderjährige. Unterernährte Kinder können sich in der Schule weniger konzentrieren und ihre Lernfähigkeit wird beeinträchtigt. Ein Schulkantinenprojekt in der Region Gao im Norden Malis will das ändern. „Ursprünglich war das Projekt auf die Unterstützung von 2.310 Schulkindern ausgerichtet“, sagt Sidi Barka Baby, örtlicher Projektkoordinator bei Plan International. „Aber derzeit sind es 4.005 an fünf Schulen.“ Das Vorhaben unterstützt die Schulen bei der Vergabe von warmen Mahlzeiten sowie der Küchenausstattung.

Ein Plan-Mitarbeiter besucht eine Schulklasse
Plan International unterstützt fünf Schulen in der Region Gao Diafara Traoré
Vier Schulkinder in Mali
Auf dem Weg zur Grundschulklasse in Gao Diafara Traoré

Wenn Hunger zum Schulabbruch führt

Die Zahl der Kinder, die in Mali die Schule abbrechen, steigt in alarmierendem Maß. Gründe hierfür sind die verbreitete Armut und die sozio-ökonomische Unsicherheit. Der Mangel an Nahrungsmitteln hat überdies verschiedene Ursachen: unterbrochene Lieferketten, erhöhte Produktionskosten, ausbleibende Niederschläge in Folge des Klimawandels.

Um die Mädchen und Jungen in der Schule zu halten, arbeitet Plan International in der Region Gao daran, täglich mehr als 4.000 Schulkinder mit nahrhaften Mahlzeiten zu versorgen. „Bevor es die Schulkantine gab, bin ich nach Hause gegangen, um zu essen“, sagt die zwölfjährige Aminata. „Jetzt gehe ich lieber zur Schule, weil ich dort überhaupt etwas bekomme. Seit die Kantine eröffnet wurde, können meine Eltern beruhigt sein, denn die Köchinnen halten alles sauber und das Essen ist lecker.“

„Ich gehe lieber zur Schule, weil ich dort überhaupt etwas bekomme.“

Aminata (12), Schülerin aus Gao
Vier Mädchen laufen Hand in Hand
Aminata (12, re.) mit ihren Freundinnen Diafara Traoré
Mutter mit zwei Kindern
Aminata (12) zu Hause bei ihrer Mutter Fatoumata und der jüngsten Schwester Diafara Traoré

Aminatas Mutter Fatoumata erklärt, dass die Kosten für Lebensmittel so stark gestiegen sind, dass es für die Menschen schwierig ist, ihre Familien zu ernähren: „Seit Beginn der Krise kämpfen wir darum, über die Runden zu kommen. Manchmal kommen unsere Kinder von der Schule nach Hause und haben dort nichts zu essen. Da ist es sehr hilfreich, wenn sie in der Schule etwas bekommen. Das erleichtert den Kindern das Lernen und uns die finanzielle Belastung zu Hause.“

Drei Mädchen in der Wüste
Wenn Schulen schließen, wissen viele Kinder in Mali nicht, wo sie lernen und etwas essen können Diafara Traoré

„Jeder weiß, dass die Sicherheit wegen der Raubüberfälle und Entführungen nicht gewährleistet ist.“

Sidi Barka Baby, Projektkoordinator von Plan International Mali

Raubüberfälle und Entführungen machen eine Region unsicher

Projektkoordinator Sidi Barka Baby erklärt, dass mit den Maßnahmen die Zahl der Kinder, die in die Schule gehen und am Unterricht teilnehmen, erhöht wurde: „Wir beobachten einen Anstieg der Anwesenheit von Mädchen und Jungen – obwohl wir hier vielfältige Schwierigkeiten haben. Aufgrund der unsicheren Lage wurden 22 Prozent der Schulen in Mali geschlossen, vor allem in der Region Gao. Jeder weiß, dass die Sicherheit wegen der Raubüberfälle und Entführungen nicht gewährleistet ist. Es kommt vor, dass ich selbst die Schulen wegen der schlechten Sicherheitslage nicht erreichen kann.“

Eine Frau in einem bunten Kleid kocht
Köchinnen bereiten die Schulmahlzeiten zu Diafara Traoré
Zwei Mädchen essen zu Mittag
Mittagessen in der Klasse: Aminata (12, re.) und die anderen Kinder bekommen täglich eine Mahlzeit Diafara Traoré

Die Eltern tragen zur Ernährung ihrer Kinder bei

Besonders stolz sind die Beteiligten auf die Nachhaltigkeit des Schulkantinenprojekts: Damit auch nach Abschluss der regulären Projektlaufzeit die Teller der Kinder weiterhin gefüllt bleiben, wurden Gemüsegärten und Hühnerställe angelegt, die in Zukunft zur Ernährung der Schulkinder beitragen werden. Und auch die Eltern der Kinder leisten ihren Beitrag: „Am Ende jeder Ernteperiode geben die Eltern eine bestimmte Menge Getreide an die Kantinenküchen ab, mit denen dann die Köchinnen Speisen zubereiten“, sagt Abdoulaye Minta, Verwalter einer der Schulkantinen im Projekt.

„Am Ende jeder Ernteperiode geben die Eltern der Schulkinder eine bestimmte Menge Getreide an die Kantinenküchen ab.“

Abdoulaye Minta, Verwalter einer Schulkantine
Ein Mann mit seiner Tochter
„Der Betrieb der Kantine hat sich positiv auf meine Tochter ausgewirkt“, sagt Assiatous Vater Mohamed Diafara Traoré

Nach jeder Ernte bringen die Eltern einen Sack Reis, stellen Holz sowie Gewürze zur Verfügung und zahlen 500 Westafrikanische Franc (CFA, etwa 0,80 Euro) an die Schulkantinen. Die örtlichen Ausschüsse der Schulverwaltung unterstützten dadurch den Weiterbetrieb der Kantinen auch für die Zeit nach dem Ausscheiden von Plan International.

Assiatou (9) erzählt, dass sie erst seit Februar Mahlzeiten in ihrer Schule erhält: „Vor allem für uns Kinder ist das Essen gut, weil wir alle satt werden. Früher gab mir mein Vater Geld für Essen, und wenn er keins hatte, konnte ich eben nichts essen. Jetzt gehe ich gerne zur Schule, weil es dort etwas gibt. Wenn ich groß bin, möchte ich einmal Lehrerin werden.“

Assiatous Vater Mohamed ergänzt, dass das Projekt der Schulkantinen genau zur richtigen Zeit begonnen hat und die Kinder aus der Gemeinde dazu ermutigt, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen. „Diese Initiative wird von allen Eltern sehr geschätzt. Die Familien hier haben Mühe, zwei Mahlzeiten am Tag zu bekommen. Die Kantine hat uns da wirklich geholfen und ihr Betrieb hat sich vor allem auf die Kinder positiv ausgewirkt – auch auf meine Tochter.“

Ein Mädchen meldet sich
Auf Kreidetafeln notieren die Schulkinder ihre Ergebnisse Diafara Traoré
Ein Mädchen spricht mit einem Lehrer
Bei den Schularbeiten sucht Moussou (10) Hilfe bei ihrem Klassenlehrer Diafara Traoré

Die Bildung der Mädchen ist extrem wichtig

 „Unsere Schule ist alt, sie wurde 1963 gegründet und hatte früher mal eine Kantine“, erinnert sich Idrissa Mohomodou. Er ist der Direktor einer der Schulen, die an dem Projekt teilnehmen und begrüßt das Vorhaben für mehr Ernährungssicherheit und bessere Bildung. „Zuletzt waren wir nicht mehr in der Lage, unsere Kantine zu betreiben – bis Plan International einsprang. Die Kantine spielt jetzt wieder eine wichtige Rolle für unseren Schulbetrieb. Früher kamen die Kinder unregelmäßig in die Schule, aber seit die Kantine wiedereröffnet wurde, kommen die Kinder regelmäßig.“

Mamah Diarra ist Mitglied eines Schulverwaltungsausschusses und sagt: „Mädchen sollten nicht so behandelt werden wie in der Vergangenheit, sie sollten Zugang zu Bildung haben. Wir müssen die gesamte Dorfbevölkerung darüber aufklären, wie extrem wichtig die Schulbildung für alle Kinder ist. Ich habe alle meine Töchter in der Schule eingeschrieben.“

Maimouna, die Mutter von vier Töchtern ist, stimmt dem zu: „Heute wissen wir alle, dass die Ausbildung von Mädchen von größter Bedeutung ist. Wenn ein Mädchen es schafft, seine Schulbildung abzuschließen und eine Arbeit zu finden, kommt das ihr und ihrer Gemeinschaft zugute.“ Und Tochter Moussou ergänzt: „Es ist schwer zu lernen, wenn man hungrig ist. Früher habe ich nichts verstanden, weil ich ständig hungrig war, aber jetzt geht es besser.“

Die Geschichte der Schulkantinen von Gao wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Mali aufgeschrieben.

Der Nothilfe-Fonds

Weltweit nimmt die Zahl der Krisen zu: Hunger, Krankheiten, Naturkatastrophen und bewaffnete Konflikte bedrohen Gesundheit, Lebensgrundlagen und die Zukunft von Millionen Menschen. Gerade Kinder sind in unübersichtlichen Situationen der Not oft diejenigen, die am wenigsten Beachtung finden. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, betroffene Kinder und ihre Familien zu unterstützen.

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