Regen und das Leben danach

Foto: Plan International

Immer wieder von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht, ringen Familien in El Salvador mit den Folgen zerstörerischer Überschwemmungen – und suchen nach Wegen, ihr Leben Stück für Stück wieder aufzubauen.

Zwischen Juni und Juli 2024 wurde El Salvador von ungewöhnlich starken Regenfällen heimgesucht. Es waren Wochen, in denen das Land an seine Grenzen stieß: Flüsse traten über die Ufer, Straßen wurden unpassierbar, Häuser zerstört, Schulen mussten schließen, Früchte auf den Feldern verfaulten unter den Wassermassen. Besonders betroffen waren die ländlichen Regionen und die Küstengebiete wie das Departement La Libertad, wo die Auswirkungen des Klimawandels längst spürbar sind. Extremwetterereignisse wie diese nehmen in Mittelamerika in Häufigkeit und Intensität zu. Für Familien, die ohnehin mit knappen Ressourcen leben, bedeutet jedes Ereignis eine Katastrophe, die Jahre der Aufbauarbeit zunichtemachen kann.

Genau in diesem Risikogebiet lebt die Familie von José (26) und Susana (27) mit ihren drei kleinen Töchtern. Ihr Alltag ist von Landwirtschaft geprägt, die Felder sind ihre wichtigste Einnahme- und Nahrungsquelle. Als das Wasser im Sommer 2024 kam, war es nicht aufzuhalten.

Jose und Susana draußen sitzend
José mit seiner Frau Susana Plan International

„Das Leben hier ist wirklich hart. Auf dem Land ist alles schwer.“

José (26), erlebte die starken Regenfälle in El Salvador
Familienfoto draußen in El Salvador
José mit seiner Frau Susana und seinen drei jungen Töchtern Plan International

Momente der Angst

Als der Sturm über das Gebiet hinwegzog, prasselte Regen auf das Haus, Windböen wirbelten das Blechdach durcheinander. „Das Wasser kam von unten und auch von oben“, erinnert sich José. Susana erzählt von den Ängsten ihrer Töchter: „Meine Tochter sagte zu mir: ‚Mama, schau mal! Das kleine Haus wird zusammenbrechen!‘“

Während das Haus unter den Naturgewalten litt, verfaulten auch die Samen auf dem Feld. Was über Monate gewachsen war, war innerhalb weniger Tage verloren. Damit stand die Familie nicht nur ohne Dach über dem Kopf da, sondern auch ohne die Garantien, mit der eigenen Ernte die nächsten Monate zu überstehen. Hinzu kam die Unsicherheit der Tage danach. Wege waren blockiert, Einkünfte blieben aus, und eine Ausgangssperre verstärkte das Gefühl der Isolation. „Selbst als Erwachsener bekommt man da Angst“, sagt José. „Man denkt unentwegt daran, wie man die Familie schützen und ernähren kann.“

Luftaufnahme von der Region La Libertad nach dem Sturm
Blick aus der Luft auf die Gemeinde von José und Susana, die schwer vom Sturm getroffen wurde Plan International

Erste Hilfe und schnelle Unterstützung

Plan International verteilte gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen Hygieneartikel, die für den Schutz vor Krankheiten entscheidend waren. Besonders wichtig waren für viele Familien die ausgegebenen Mehrzweck-Geldkarten. Mit ihnen konnten sie im Supermarkt eigenständig einkaufen, nicht nur Nahrungsmittel, sondern genau das, was sie in diesem Moment am meisten brauchten. 

Ein weiterer Schwerpunkt war die Arbeit mit den Kindern: In kinderfreundlichen Räumen fanden Mädchen und Jungen Schutz und ein Stück Normalität. Hier konnten sie spielen, zur Ruhe kommen und ihre Sorgen für einige Stunden loswerden. Solche Orte sind entscheidend, um psychosoziale Belastungen abzufedern, die Kinder bei Naturkatastrophen besonders schwer treffen.

Mädchen mit Mutter in El Salvador
Susana mit ihrer jüngsten Tochter Sandra Plan International

„Uns wurde nicht nur mit materieller Hilfe geholfen, sondern besonders mit dem Gefühl, nicht allein gelassen zu werden.“

José (26), betont, wie wichtig das Gefühl ist, in schwierigen Zeiten nicht allein zu sein
Mädchen draußen stehend
Rosmery freut sich auf ihr bevorstehendes erstes Schuljahr Plan International

Leben nach der Katastrophe

Heute, über ein Jahr später, sind die Spuren der Überschwemmungen noch immer sichtbar. Das Dach ist beschädigt und der Verlust der Ernte wirkt nach. Aber die Familie hat ihre Konsequenzen gezogen: Sie hat begonnen, sich bewusst auf neue Notfälle vorzubereiten. Ein Erste-Hilfe-Kasten steht griffbereit, Telefonnummern für den Notfall sind gespeichert und die Kinder wissen inzwischen, welche Schritte sie unternehmen müssen, wenn es wieder zu starken Regenfällen kommt. „Wir bereiten uns vor, damit uns die Regenzeit nicht wieder so überraschen kann, wie letztes Jahr“, erklärt José.

Susana betont, dass die Perspektive ihrer Kinder heute wichtiger ist denn je. Nathaly, die älteste Tochter, besucht die Grundschule, Rosmery soll bald eingeschult werden, und auch die jüngste wächst mit dem Wissen auf, dass Bildung der Weg zu mehr Sicherheit ist. Über das Patenschaftsprogramm von Plan International haben die Mädchen Schulmaterialien und Rucksäcke bekommen: „Wir hoffen, dass sie eine Zukunft mit mehr Möglichkeiten haben werden“, sagt José. 

Stärkung der Widerstandskraft

Die Regenfälle von 2024 haben tiefe Spuren hinterlassen – in der Umwelt, in den Häusern und im Leben der Menschen. Doch sie haben auch verdeutlicht, dass eine Katastrophe mehr ist als ein Moment der Zerstörung: Sie kann Ausgangspunkt sein für mehr gemeinschaftliches Handeln, bessere Vorbereitung und stärkere Strukturen.

Die Erinnerungen an das Wasser bleiben, aber auch das Wissen, dass Hilfe möglich und Vorsorge entscheidend ist. Denn für die Menschen geht es nicht nur darum, eine Katastrophe zu überstehen – sondern darum, ihre Zukunft trotz allem gestalten zu können.

Die Geschichte von Susanas und Josés Familie wurde mit Material aus dem Plan-Büro in El Salvador aufgeschrieben. 

Mit einer Patenschaft Kinder fördern

Seit 1976 arbeitet Plan International in El Salvador und engagiert sich für frühkindliche Förderung, damit Mädchen und Jungen in einem geschützten und gesundheitsförderlichen Umfeld aufwachsen, gut ernährt werden und sich altersgerecht entwickeln können. Durch die wirtschaftliche Stärkung von Jugendlichen sollen junge Menschen beim Übergang ins Erwachsenenalter unterstützt und wirtschaftlich unabhängig werden.

Übernehmen Sie gerne eine Patenschaft, wenn Sie diese Arbeit unterstützen möchten.

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