Seit Mitte September wird die wichtigste Treibstoffzufuhr Haitis in Port-au-Prince von Banden blockiert (Lesen Sie hierzu auch: Gwo mizè a – Die große Misere). Die dadurch entstandene Verknappung des Rohstoffs hat dazu geführt, dass viele Krankenhäuser und Gesundheitszentren schließen mussten. Müll kann nicht mehr ordnungsgemäß entsorgt werden. Der Zugang zu sicherem Trinkwasser ist stark beeinträchtigt. Die zunehmenden zivilen Unruhen und die Bandengewalt haben zudem dazu geführt, dass Menschen aus ihren Häusern vertrieben und behelfsmäßige Lager auf öffentlichen Plätzen eingerichtet wurden, in denen sie auf engem Raum leben. Diese prekären Bedingungen führen nicht nur zu Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen, sondern bereiten auch den Boden für die Rückkehr der Cholera, die seit dem letzten bestätigten Fall vor mehr als drei Jahren (Februar 2019) nun wieder aufgetreten ist. Das ist in diesem Jahr besonders besorgniserregend, da die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgrund des weltweiten Anstiegs der Cholerafälle einen Mangel an Cholera-Impfstoffen festgestellt hat.
Was sollte man über Cholera wissen? Hier finden Sie zehn Fakten.
Sie wird durch Bakterien verursacht. Die typischen Symptome für die Infektion mit den sogenannten Cholera-Vibrionen sind (wässriger) Durchfall und Erbrechen, ohne Auftreten von Fieber. Da der Körper mit der Flüssigkeit auch große Mengen Salz (Elektrolyte) verliert, fällt der pH-Wert im Körper und es kommt zur Übersäuerung. Häufig treten in diesem Stadium Muskelkrämpfe auf.
Cholera kann sich daher schnell ausbreiten und zu einer Epidemie entwickeln. Unter Epidemie versteht man die zeitliche und örtliche Häufung einer Krankheit innerhalb einer menschlichen Population.
Cholera-Bakterien werden meist über verunreinigtes Trinkwasser übertragen. In selteneren Fällen kann auch eine Übertragung über kontaminierte Lebensmittel – insbesondere unzureichend gegarte Meeresfrüchte – stattfinden. Mangelnde hygienische Zustände, viele Menschen auf engem Raum und schlechte sanitäre Infrastruktur sowie Brackwasser bieten Cholera-Bakterien einen Nährboden. Daher sind häufig auch Krisen- und Katastrophengebiete von Cholera-Ausbrüchen betroffen.
Sie scheiden dennoch bis zu zehn Tage nach der Infektion Bakterien aus, die in den Wasserkreislauf gelangen und so andere Menschen infizieren können. Bei denjenigen, die Symptome entwickeln, sind diese meist leicht bis moderat. Sie können mit einer oralen Rehydrierungslösung (Flüssigkeit und Elektrolyte) behandelt werden.
Unbehandelt kann die Durchfallerkrankung bei starken Symptomen und großem Flüssigkeitsverlust innerhalb weniger Stunden zum Tod führen.
Kinder können durch Erbrechen und Durchfall besonders schnell dehydrieren. Kinder, die durch Unterernährung ohnehin geschwächt sind, sind zudem anfälliger für eine Infektion. In Haiti herrscht derzeit – wie in weiteren Ländern weltweit – eine verheerende Hungerkrise. Bevölkerungsgruppen, deren Ernährungslage unsicher ist, sind stärker choleragefährdet. Unter den aktuellen Cholera-Fällen in Haiti sind mehrheitlich Kinder unter vier Jahren, gefolgt von Kindern zwischen fünf und neun Jahren. Aktuell gibt es in Haiti 207 bestätigte Cholerafälle, 1.972 Verdachtsfälle und 41 Todesfälle (Stand 25.10.2022).
Cholera-Bakterien sind gegen Umwelteinflüsse gut gewappnet. Sie können etwa auf Speisen überleben, selbst, wenn diese eingefroren wurden. Mit gängigen Desinfektionsmitteln lässt sich der Keim nicht bekämpfen. Selbst gechlortes Wasser schützt nicht vor einer Übertragung. Bei niedrigen Temperaturen vermehren sich Cholera-Bakterien zwar weniger gut, bleiben jedoch bestehen.
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken jedes Jahr bis zu 4 Millionen Menschen weltweit an Cholera und bis zu 143.000 Menschen sterben an der Erkrankung.
Seit Januar 2022 haben laut WHO 29 Länder Cholera-Fälle gemeldet, neben Haiti haben etwa auch Malawi, Libanon und Syrien mit Ausbrüchen zu kämpfen. Im Vergleich dazu meldeten in den vorangegangenen fünf Jahren im Durchschnitt weniger als 20 Länder Ausbrüche. Doch Überschwemmungen, Dürreperioden, Konflikte, Bevölkerungsbewegungen und weitere Faktoren, die den Zugang zu sauberem Wasser einschränken, sind der Grund für den zunehmenden globalen Trend der Ausbrüche.
In Deutschland ist der Verdacht auf, die Erkrankung sowie der Tod durch Cholera bundesweit meldepflichtig. Bei der letzten großen Cholera-Epidemie hierzulande (1892 in Hamburg) infizierten sich 17.000 Menschen, 8.600 starben. 2019 wurde in Deutschland ein Cholera-Fall registriert.
Cholera-Epidemien sind vermeidbar. Um Ausbrüche vorzubeugen, sind bestimmte Vorrausetzungen notwendig: Ein sicherer Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser, grundlegende Hygiene (Händewaschen mit Seife), eine ausreichende Sanitärversorgung, das Abkochen von Lebensmitteln und die Aufklärung der Bevölkerung über Schutz und Risiken.
Bei Plan International gehört der Arbeitsbereich WASH (Wasser, Sanitär und Hygiene) zu einem wichtigen Teil unserer weltweiten Programmarbeit und ist Teil vieler unserer Projekte. Zum WASH-Bereich zählen die Einrichtung von Sanitäranlagen und mobilen Handwaschstationen, der Zugang zu sauberem Trinkwasser, zum Beispiel durch den Bau oder die Sanierung von Brunnen (Wie etwa in unserem Projekt „Kinder vor der Klimakrise schützen“ in Malawi), aber auch die Aufklärung über Hygiene, die Schulung von medizinischem Personal sowie etwa im Katastrophenfall die Verteilung von Hygiene-Kits, die beispielsweise auch Wasseraufbereitungstabletten beinhalten. Ziel ist es, Menschen langfristig Zugang zu sicherem Wasser, Sanitäranalgen und Hygiene zu ermöglichen und so auch Krankheiten wie Cholera vorzubeugen.
In Haiti bereiten wir Arbeiten vor, die auf die Reaktion der Regierung abgestimmt sind. Dazu gehören unter anderem die Verteilung von Hygiene-Kits an die Gemeinden und die Sensibilisierung der Menschen für Präventionsmaßnahmen – hierfür wird auch ein Radiospot entwickelt, der die Menschen über die Erkrankung informiert. Zudem wird geprüft, ob es möglich ist, Gemeinschafspumpen zu reparieren, die einen besseren Zugang zu sicherem Trinkwasser ermöglichen.