Wo Naturkatastrophen Alltag werden

Foto: Biploby Rani Dey Roy

Heftige Monsun-Regenfälle führten unlängst in Teilen Bangladeschs zu Fluten und Erdrutschen. Das Wasser blieb nur wenige Tage, die Auswirkung werden jedoch noch jahrelang zu spüren sein.

Auch in Bangladesch macht sich der Klimawandel bemerkbar: Schwere Regenfälle und Überschwemmungen haben hier – wie auch beim großen Nachbarn Indien – in den vergangen Jahren zugenommen. Bangladesch ist nur halb so groß wie Deutschland, hat aber doppelt so viele Einwohner:innen: 160 Millionen. Das Land ist flach, liegt nur knapp über dem Meeresspiegel und ist durchzogen von Flüssen. Der Ganges und seine vielen Nebenarme etwa sorgen für fruchtbare Felder und grüne Wälder. Gleichzeitig treten aber auch immer wieder Wassermassen über die vielen Ufer – insbesondere in der Regenzeit, die hier zwischen sechs bis neun Monate dauert.

Ein abgebrochenes Ufer, direkt dahinter steht ein Haus, davor sieht man Hochwasser
Hier wurden Teile des Ufers durch die Fluten abgebrochen. Biploby Rani Dey Roy

Rekord-Flut folgt auf Rekord-Flut

2022 war der Nordosten des Landes erst im Mai von den heftigsten Überflutungen seit 20 Jahren betroffen. Nur einen Monat später stellten neue Überschwemmungen diesen Rekord schon wieder in den Schatten: Im Distrikt Kurigram im Norden des Landes verloren 200.000 Menschen ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage, als die Flüsse Teesta, Dharla und der mächtige Brahmaputra über die Ufer traten. Ganze Bezirke waren vom Rest des Landes abgeschnitten, Tausende Menschen tagelang ohne Nahrung und Wasser. „Wir überlebten, indem wir getrocknete Lebensmittel aßen“, berichtet Jayeda (28), die Mutter von drei Kindern ist. „Alles war überschwemmt, kochen war nicht möglich. Mein Mann litt an Durchfall, aber wir hatten kein Geld für die Behandlung. Jetzt ist die gesamte Familie geschwächt und wir führen ein miserables Leben.“

Wie die Familie von Jayeda leiden noch viele weitere Familien im Nordosten unter den Auswirkungen der Überschwemmungen vom Juni 2022 – die schlimmsten seit mehr als einem Jahrhundert. Betroffen sind schätzungsweise 7,2 Millionen Menschen, darunter 3,5 Millionen Kinder. Auch im benachbarten Indien – stromaufwärts am Brahmaputra – sind Distrikte des Bundesstaats Assam überschwemmt worden.

„Kinder werden durch das verunreinigte Wasser krank. Das Leid von Schwangeren und Müttern übersteigt unsere Vorstellungskraft.“

Ashik Billah, Leiter Zentral- und Nordregion von Plan International Bangladesch

Dort, wo die Pegelstände wieder zurückgegangen sind, ist der Wiederaufbau ein mühsamer Prozess. Ashik Billah, Leiter der Zentral- und Nordregion von Plan International Bangladesch: „Wir können nicht die gesamte Gemeinde allein schützen. Wir müssen zusammenhalten und uns gemeinsam bemühen, diese Katastrophe zu überstehen. Kinder werden durch das verunreinigte Wasser krank. Das Leiden von Schwangeren und Müttern übersteigt unsere Vorstellungskraft. Verstärkte Gesundheitseinrichtungen sind jetzt dringend erforderlich.“

(Über-)Leben in den Fluten

Den Menschen in Kurigram sind Katastrophen nicht fremd, Überschwemmungen kommen dort immer wieder vor. Doch die übermäßigen Regenfälle der letzten Jahre haben zu schwerer Bodenerosion und Schäden an den Staudämmen geführt. Für die Menschen, die auf den Chars leben – dabei handelt es sich um isolierte Landhügel, die in den Flüssen liegen – werden durch die Erosionen an den Ufern immer häufiger gezwungen, ihr Hab und Gut auf höher gelegenes Gelände zu verlegen. „Ich habe mein Haus in diesem Jahr schon dreimal umgesiedelt“, erklärt Rasheda (22). „Jetzt ist es erneut vom Fluss bedroht.“ Die dreifache Mutter hat kein Geld, um alles erneut ab- und wieder aufzubauen. „Drei meiner Ziegen und die Hühner wurden in der Flut weggespült. Meine Kinder und ich wurden krank.“

Die 29-jährige Farida erzählt, dass sie im Haus ihres Nachbarn Schutz gesucht habe, als das Hochwasser kam. „Ihm gefiel das nicht“, sagt sie. „Deshalb kehrten wir nach ein paar Tagen, als das Wasser ein wenig zurückgegangen war, in unser Haus zurück. Wir erhöhten das Bett, indem wir Ziegelsteine unter die Beine legten.“

eine Frau steht an einem Ufer, hinter ihr sieht man Wasser
Rasheda (22) musste ihr Haus 2022 schon dreimal umsiedeln. Biploby Rani Dey Roy

„Mit unseren Kindern lebten wir in dem überfluteten Haus, es war nicht sicher und wir hatten Angst vor Schlangenbissen – aber wir hatten keine Alternative.“

Farida (29)

Hilfe für betroffene Familien

Wir von Plan International leisten Nothilfe für die Menschen in Kurigram. Bisher haben wir 5.560 Lebensmittelpakete mit je Zwei-Kilo-Säcken Reis, Reisflocken und Melasse, 100.000 Wasserreinigungstabletten, 1.840 Sets mit jeweils 27 lebenswichtigen Haushaltsgegenständen und 1.820 Kits für Menstruationshygiene an betroffene Familien in der Region verteilt.

Das Flutvorhersage- und Warnzentrum des „Bangladesh Water Development Board“ (BWDB) sagt voraus, dass das Land bald erneut von einer Flut heimgesucht werden könnte. Damit könnte sich die Hochwassersituation im Norden verschlimmern, bevor die Menschen überhaupt die Möglichkeit hatten, sich von den Folgen der letzten Flut zu erholen. Deshalb müssen Gemeinden auch in ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen gestärkt werden, um die Risiken so weit wie möglich zu minimieren und das Überleben ihrer Familien zu sichern.

Der Beitrag wurde mit Material aus den Plan-Büro in Bangladesch erstellt.

Der Nothilfe-Fonds

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