Schulbesuch im Kriegsgebiet

Foto: Plan International

Für Kinder in der Ukraine ist der Präsenzunterricht ein Rettungsanker, der durch die anhaltende Zerstörung von Schulgebäuden gefährdet ist. Lehrerinnen aus Kiew berichten, was der Krieg für den Schulalltag bedeutet.

Die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, gibt Kindern in Krisenzeiten ein Gefühl von Stabilität. Doch wenn ein Krieg ausbricht, ist Bildung oft eine der ersten Dienstleistungen, die unterbrochen, und eine der letzten, die wieder aufgenommen werden. Für Kinder und Jugendliche in der Ukraine ist der Weg zurück in den Unterricht noch lang und beschwerlich.

Drei Menschen laufen durch einen Flur, der durch einen Brand zerstört wurde.
Eine Plan Delegation besucht ein abgebranntes Schulgebäude. Plan International

Bildungseinrichtungen durch Angriffe zerstört

Im ganzen Land ist der Präsenzunterricht fast unmöglich geworden: Mehr als 3.000 Schulen, Universitäten, Kindergärten und andere Bildungseinrichtungen wurden bombardiert und beschossen – über 400 wurden vollständig zerstört. Die Ausbildung von Millionen von Kindern wurde unterbrochen. (Lesen Sie auch hier, wie Plan International Kinder, die aus der Ukraine fliehen mussten, auf ihrem Bildungsweg unterstützt)

In einer Schule in einem kleinen Dorf in der Region Kiew sind die Kinder trotz aller Widrigkeiten in die Klassenzimmer zurückgekehrt. Als der Krieg in der Ukraine eskalierte, ist eines der Schulgebäude abgebrannt. Es war von russischen Regierungstruppen, die in die Region vorgedrungen waren, als Munitionslager benutzt worden.

Rundgang durch eine abgebrannte Schule

Ludmila, die unerschütterliche Schulleiterin, führt eine Delegation von Plan International durch das verkohlte Gebäude und zeigt die Zerstörung auf: Hier befand sich vorher ein kleines Museum, dort die Turnhalle der Schule. Der Boden ist mit Glasscherben übersäht, die Wände sind vom Feuer geschwärzt. In einem der Klassenzimmer türmt sich, was einmal Schulpulte waren – jetzt sind nur noch die Metallrahmen übrig, da die Flammen die hölzernen Tischplatten verschlungen haben.

Eine Frau hält einen kaputten Projektor in der Hand, dessen Plastikhülle geschmolzen ist.
Schulleiterin Ludmila zeigt, wie der Krieg ihre Schule zerstört hat.
In einem Raum stapeln sich hunderte Metallgestelle von abgebrannten Tischen.
Von den Tischen sind nur noch die Metallgestelle übrig. Plan International

Das Schulgebäude war verlassen, als die Explosion stattfand. Yulia, Lehrerin für Mathematik und Informatik, hatte wie viele ihrer Schüler:innen das Dorf verlassen, bevor es unter russische Kontrolle geriet. „Ich habe über soziale Medien erfahren, dass die Schule in Flammen steht“, erzählt sie. „Dort habe ich ein gruseliges Video gesehen, auf dem zu sehen war, wie das Schulgebäude brannte.“

Dass Kinder zur Schule gehen und lernen können, bedeutet, dass sie wieder ein Stück Sicherheit und Normalität erleben. Daher hat Ludmila es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Schule schnell für die Rückkehr der Kinder wiederherzurichten. „Ich habe die Wände im Korridor selbst gestrichen“, berichtet sie. „Ich habe helle Farben gewählt, um die Stimmung der Kinder zu heben, und die Eltern haben sie bezahlt.“ 

Ein leerer, lichtdurchfluteter Korridor mit Holzboden, dessen Wände in hellen, bunten Farben gestrichen sind.
Ludmila hat die Wände für die Schüler:innen bunt gestrichen.

„Ich bin stolz, dass die Kinder aus diesem Dorf wieder in den Klassenzimmern sitzen.“

Ludmila, Schulleiterin aus der Ukraine

„Alle anderen Schulen der Region machen noch Online-Unterricht, daher bin ich sehr stolz darauf, dass die Kinder aus diesem Dorf wieder in den Klassenzimmern sitzen und persönlich unterrichtet werden können“, fügt Ludmila hinzu. 

Neue Herausforderungen für Schüler:innen und Lehrpersonal

Nach vielen Monaten Abwesenheit und der enormen Belastung, die viele Schüler:innen und Lehrkräfte erlebt haben, war die Rückkehr ins Klassenzimmer nicht leicht. „Der Weg zurück war sehr emotional. Es war schwierig, all die Zerstörung um uns herum zu sehen“, erinnert sich Yulia. 

Eine Frau steht in einem hellen Schulflur. Sie schaut ernst in die Kamera.
Yulia unterrichtet Mathe und Informatik.
In einem Raum ohne Fenster stehen Stühle und Tische für Kinder.
Die Schule hat einen Luftschutzkeller, der für den Unterricht im Notfall ausgestattet ist. Plan International

„Die Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf die Situation“, erklärt die Lehrerin. „Eine Schülerin sagt, sie müsse trotz aller Widrigkeiten weiter lernen und vorankommen. Ein anderes Mädchen, das aus ihrer Heimatregion vertrieben wurde und jetzt hier zur Schule geht, hat jegliche Motivation verloren. Sie musste ihr Zuhause, ihr Kinderzimmer und alles, was sie kannte hinter, sich lassen. Wir versuchen, sie zu unterstützen und sie aufzumuntern. Langsam geht es ihr besser.“

Auch wenn der Schulbetrieb wieder aufgenommen wurde, sind die Auswirkungen des Krieges noch immer zu spüren. Mehrmals pro Woche müssen die Schüler:innen in den Luftschutzkeller der Schule eilen, um sich zu schützen – manchmal stundenlang.

Rückkehr ins Klassenzimmer vermittelt Normalität

Für Nastya, eine 15-jährige Schülerin, war es eine Erleichterung, wieder ins Klassenzimmer gehen zu können: „Es war sehr schwierig, online zu lernen. Wir waren alle an verschiedenen Orten und konnten nicht alle gleichzeitig online sein. Ich war auch sehr besorgt um meine Freund:innen, die im Dorf geblieben waren. Es war sehr schwierig, mich auf die Schule zu konzentrieren“, sagt sie.

Eine Teenagerin steht vor einer bunt angemalten Wand und schaut in die Ferne. Sie hat braune Haare und trägt eine grüne Sportjacke.
Nastya ist froh, wieder in die Klassenzimmer zurückkehren zu können.

„Es bedeutet, dass die Dinge vielleicht nicht mehr so schlimm sind, wie sie waren, und dass wir vielleicht bald wieder ein normales Leben haben.“

Nastya (15), freut sich über Präsenzunterricht

„Für mich bedeutete die Rückkehr zur Schule, dass ich wieder ein Stück Normalität in mein Leben hatte“, fügt sie hinzu. Es gibt ihr auch Hoffnung für die Zukunft: „Es bedeutete auch, dass die Dinge vielleicht nicht mehr so schlimm sind, wie sie waren, und dass wir vielleicht bald wieder ein normales Leben haben.“

Diese Schule ist die einzige in der Region, die wieder zum Präsenzunterricht zurückgekehrt ist. Doch für zu viele Kinder im Land ist es immer noch undenkbar, wieder persönlich zur Schule zu gehen. Plan International und seine Partnerorganisationen arbeiten in der Ukraine daran, die Instandsetzung und den Wiederaufbau von Schulen und Unterkünften zu unterstützen. Das beinhaltet auch die Bereitstellung von Heizgeräten und Generatoren, um sicherzustellen, dass die vom Krieg betroffenen Kinder Zugang zu sicherer und hochwertiger Bildung haben.

Dieser Beitrag wurde mit Material aus dem ukrainischen Plan-Büro erstellt.

Ukraine-Nothilfe

Plan International arbeitet mit lokalen Partnerorganisationen in der Ukraine daran, die physische soziale Infrastruktur für Menschen mit und ohne Flucht- oder Vertreibungserfahrung wiederaufzubauen und zu stärken, die Überwinterung zu unterstützen und Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. In den angrenzenden Ländern Polen, Rumänien und Moldawien arbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern an kinderfreundlichen und sicheren Transitunterkünften, verbreiten Informationen zu Asylrecht, Kinderschutz auf der Flucht, sexueller und reproduktiver Gesundheit, und schulen Mitarbeitende vor Ort zu den Themen mentale Gesundheit und psychosoziale Betreuung.

Parallel dazu richtet sich unsere Arbeit in Deutschland an schutzsuchende Kinder, Jugendliche und ihre Familien, die direkt oder indirekt bewaffneten Konflikt in der Ukraine betroffen sind. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen bieten wir Entlastung durch Spiel- und Freizeitangebote, leisten psychosoziale Hilfe und Beratung und setzen uns für Kinderschutz ein.

Unser Motto dabei: Auch in Kriegszeiten gilt ein Recht auf Kindheit.

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