Alles wächst – wir wachsen mit

Foto: Alfred Ike Wurin

Noch vor Sonnenaufgang stehen Paul und Taran barfuß zwischen ihren Tomaten- und Auberginenbeeten auf Lembata. Dort wächst mit jedem gesäten Samen nicht nur Gemüse, sondern auch die Chance auf einen neuen Lebensweg.

Noch bevor die Sonne über den Hügeln Indonesiens aufgeht, steht Paul barfuß im Garten. Der Boden ist feucht vom nächtlichen Regen, die Luft riecht nach Erde und jungem Grün. Neben ihm füllt Taran die Gießkanne mit Wasser. Heute wollen sie die ersten reifen Tomaten pflücken – fünf Monate nach dem Tag, an dem sie beschlossen hatten, ihr Leben zu verändern.

Zwischen den schmalen Beeten wachsen 131 Tomatenpflanzen und 118 Auberginen. Der Garten ist kaum zehn Quadratmeter groß, doch er bedeutet für die beiden jungen Männer mehr als nur ein Stück Land hinter ihrem Haus. Hier wächst ihre Zukunft. Langsam, aber beständig.

„Ich erinnere mich, wie leer sich die Tage früher angefühlt haben“, sagt Paul und wischt etwas Erde von seiner Hose. „Damals hatten wir keine Idee, wie es weitergehen sollte.“ Taran nickt zustimmend. „Wir dachten, vielleicht müssen wir wegziehen, um Arbeit zu finden.“

Paul und Taran mit Ernte
Paul und Taran mit einigen der Auberginen, die sie angebaut haben Alfred Ike Wurin
Paul bewässert Garten
Paul bewässert die Tomatenpflanzen seines Gemüsegartens Alfred Ike Wurin

Leben in Lembata

Bis vor Kurzem führten Paul und Taran ein Leben, das viele junge Menschen auf der Insel Lembata kennen: frühes Aufstehen, Hausarbeit, Fußball, kleine Aufgaben im Haushalt der Familie und die große Frage, was nach der Schule kommt. Eine Festanstellung war kaum zu finden. Nach der Highschool endet für viele Jugendliche der Bildungsweg und in der Region gibt es nur wenige Möglichkeiten, dauerhaft Geld zu verdienen. „Wir waren nicht faul“, sagt Paul. „Aber es gab einfach keine Arbeit.“

In Indonesien lebt fast die Hälfte der Bevölkerung auf dem Land, doch für viele Jugendliche fehlt es an Ausbildung, Investitionen und Perspektiven. Die Jugendarbeitslosigkeit auf dem Land ist doppelt so hoch wie in den Städten. Viele ziehen fort, um Arbeit in der Industrie zu suchen, oft unter prekären Bedingungen. Zurück bleiben Familien, in denen die Älteren die Felder bestellen, während die Jungen von einer Zukunft anderswo träumen.

Paul mit geernteten Tomaten
Paul präsentiert die Tomaten, die er selbst gepflanzt hat Alfred Ike Wurin
Junge wässert Gemüsegarten in Indonesien
Taran bewässert die Auberginenpflanzen seines Gemüsegartens Alfred Ike Wurin

Eine Einladung zum Neuanfang

Im Frühjahr besuchte Plan International das Dorf der beiden mit einem neuen Ausbildungsprogramm für nachhaltige, klimafreundliche Landwirtschaft. Das Ziel: jungen Menschen praktische Fähigkeiten vermitteln und eine zukunftsfähige, ökologische Landwirtschaft als Lebensgrundlage aufbauen.

Paul und Taran meldeten sich an, zunächst ohne große Erwartungen. Drei Tage lang lernten sie, wie man hochwertiges Saatgut auswählt, organischen Dünger herstellt und Ernten effizient plant. Danach begann der eigentliche Prozess: Plan International stellte Werkzeuge, Netze, Gießkannen und Samen zur Verfügung und bot fortlaufende Beratung an. „Ich dachte, es wäre nur ein kurzer Workshop“, erinnert sich Taran. „Aber es war viel mehr. Wir haben gelernt, was nachhaltiger Anbau bedeutet und wie wir das selbst umsetzen können.“ Mit diesem Wissen legten sie hinter ihrem Haus die ersten Beete an. Was mit wenigen Samen begann, wurde bald zu einem kleinen Unternehmen.

„Früher sind wir von Haus zu Haus gegangen, um zu verkaufen. Heute kommen die Leute direkt zu uns.“

Paul (20), verkauft Gemüse aus seinem eigenen Garten

Wachsen in alle Richtungen

Fünf Monate später verkaufen die beiden ihr Gemüse an Nachbar:innen und Dorfbewohner:innen. Seit ihrer ersten Ernte haben sie rund 2,5 Millionen Rupiah verdient (ca. 150 US-Dollar). Eine kleine Summe, aber ein großer Schritt in die Selbstständigkeit.

Sie führen Finanzaufzeichnungen, planen ihre Pflanzzyklen und experimentieren mit Kompost und natürlichen Düngemitteln. In einem improvisierten Bambus-Gewächshaus testen sie, wie sich das Mikroklima auf die Pflanzen auswirkt. „Wir wollen Gemüse anbauen, das gesund ist und keine Chemikalien braucht“, sagt Taran.

Eine Gemeinschaft zieht mit

Die Dorfverwaltung hat die Entwicklung aufmerksam verfolgt. Muslimin, der Dorfvorsteher, ist stolz auf das Engagement der beiden: „Sie haben gezeigt, was möglich ist, wenn man Initiative zeigt. Ihr Erfolg inspiriert andere junge Menschen, selbst aktiv zu werden.“

Die lokale Regierung bewilligte ihnen einen Zuschuss von drei Millionen Rupiah, um den Garten zu vergrößern und neue Pflanzen anzubauen. Langfristig könnte ihr Garten sogar als Lieferant für ein kostenloses Schulernährungsprogramm fungieren, das auf Bezirksebene entsteht. Damit würden Paul und Taran direkt zur Ernährungssicherheit in ihrer Gemeinde beitragen.

Drei Männer im Gemüsegarten
Paul und Taran zeigen einem Plan-Mitarbeiter ihren Garten Alfred Ike Wurin

Lernen, Verantwortung zu übernehmen

Paul und Taran haben das längst verstanden. Ihr Garten ist mehr als ein Ort des Anbaus, er ist ein Lernraum. Sie beobachten das Wetter, tauschen Erfahrungen mit Nachbar:innen aus und beraten sich über Fruchtfolgen. Wenn Schädlinge auftauchen, recherchieren sie natürliche Abwehrmethoden. „Manchmal ist es schwierig“, gibt Paul zu. „Aber wir lernen jeden Tag dazu. Und wenn ich sehe, dass wir etwas ernten, das wir selbst angebaut haben, dann weiß ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Pauls und Tarans Garten ist nicht der größte, aber er hat Wurzeln geschlagen. Und mit ihm eine Zukunft, die aus der eigenen Erde wächst.

Die Geschichte von Paul und Taran wurde mit Material aus dem indonesischen Plan-Büro aufgeschrieben. 

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