Hunger in Guatemala zwingt Frauen, ihre Heimat zu verlassen

Foto: Nelson Cadenas

Die Hungerkrise in Guatemala trifft Frauen und Mädchen besonders stark - viele verlassen sogar ihre Heimat, in der Hoffnung auf bessere Chancen im Ausland.

Guatemalas Bewohner:innen stehen vor vielen Herausforderungen, die sich alle in einem Symptom bündeln: Hunger. Die Klimakrise verstärkt Dürren und Zyklone, die Ernten zerstören. Der Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen stimmt viele junge Menschen hoffnungslos, wenn sie an ihre Zukunft denken. Die weit verbreitete Armut bedeutet auch, dass die Menschen sich die ohnehin schon knappen Lebensmittel kaum leisten können. 

Auf der Suche nach einem besseren Leben

All das führt dazu, dass unzählige Guatemaltek:innen ihr Land verlassen, um anderswo ihr Glück zu versuchen. Die Corona-Pandemie hat die Fluchtbewegung zwischenzeitlich ausgebremst, aber 2021 kam es schon wieder zu einer Rekordzahl von auswandernden Menschen. Die meisten von ihnen, darunter auch Kinder und unbegleitete Jugendliche, kommen aus Grenzgebieten wie El Quiché und Alta Verapaz. Frauen und Mädchen leiden besonders unter der Situation. Die nachfolgenden Bilder erzählen ihre Geschichten.

Alicia läuft durch ein goldenes Maisfeld.
Alicias lebt im Bezirk El Quiché, in dem viele Menschen an Ernährungsunsicherheit leiden. Nelson Cadenas
Alicia zeigt ihrer kleinen Enkelin ein Foto.
Alicias Tochter musste die Familie verlassen, um anderswo Geld zu verdienen. Nelson Cadenas

„Meine Tochter hat uns verlassen, damit ihre Kinder drei Mahlzeiten am Tag essen können“, sagt Alicia. Die 50-jährige Großmutter lebt in Guatemala im Bezirk El Quiché, an der Grenze zu Mexiko. In dieser Region sind mehr als zwei von drei Kindern (69 Prozent) chronisch unterernährt, was deutlich über dem ohnehin schon dramatischen Landesdurchschnitt von 47 Prozent liegt. 

„Meine Tochter hat uns verlassen, damit ihre Kinder drei Mahlzeiten am Tag essen können.“

Alicia (50), kümmert sich um ihre Enkelkinder

Vor der Pandemie verdiente Alicias Familie ihr Geld mit Gelegenheitsjobs in der Landwirtschaft oder im Haushalt. Inzwischen sind die Aufzucht und der Verkauf von Hühnern ihre einzige Einnahmequelle. „Wegen der Pandemie können wir nicht wie früher rausgehen uns unseren Lebensunterhalt verdienen. Das hat das Überleben erschwert“, erklärt sie. 

Alicias Tochter arbeitet jetzt in einer anderen Region Guatemalas und verdient 800 Quetzal im Monat – umgerechnet 90 Euro. Das reicht kaum aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sodass sie hofft, bald in die Vereinigten Staaten gehen zu können, um dort zu arbeiten und Geld zu ihrer Familie zu schicken. 

Drei Kinder stehen mit Spielsachen vor einem Maisfeld und schauen in die Höhe.
Alicias Enkelkinder wachsen derzeit ohne ihre Mutter auf. Nelson Cadenas

Plan International unterstützt derzeit 4.000 geflüchtete Menschen, Migrant:innen und Asylsuchende in Guatemala – 40 Prozent davon sind Kinder und Jugendliche. Die Maßnahmen beinhalten Bargeldtransfers, Kinderschutzprogramme und die Unterstützung von Kindern, die in ihre Heimat zurückkehren, bei der Wiedereingliederung in ihre Schulen und Gemeinden. 

Krise wird durch Klimawandel und soziale Faktoren verstärkt

Gewalt und das Vorherrschen patriarchaler, diskriminierender Geschlechternormen sind ein weiterer Grund dafür, dass vor allem Frauen, aber auch LGBTQIA+ Personen Guatemala verlassen. Es gibt auch keine gute Gesundheitsversorgung, und junge Menschen haben oft wenig Aussichten auf höhere Bildung oder Arbeitsplätze. 

Auch die Klimakrise fordert ihren Tribut in Guatemala. Mehr als die Hälfte (60 Prozent) der Familien verlor im Jahr 2020 ihre Ernte durch die Hurrikane Eta und Iota – ein trauriges Rekordjahr, in dem über dem Atlantik mehr Hurrikane als je zuvor gezählt wurden. 

Ein kleines Mädchen mit einem Zopf mitten auf dem Kopf lacht.
Fast die Hälfte der Kinder (47 Prozent) in Guatemala ist chronisch unterernährt. Nelson Cadenas
Eine Frau bearbeitet mit einer Hacke den Boden.
Viele Familien leben von kleinbäuerlicher Landwirtschaft. Nelson Cadenas

In den Bergen von Alta Verapaz lebt mehr als die Hälfte der Familien (53 Prozent) von kleinbäuerlicher Landwirtschaft. Eine Umfrage von Plan International ergab, dass zwei von drei Haushalten (65 Prozent) in dieser Region mäßig oder stark von Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen beträgt umgerechnet etwa 102 Euro im Monat (892 Quetzals), während ein Paket Grundnahrungsmittel für eine Familie etwa 343 Euro (3000 Quetzals) kostet. Viele Familien leben von Grundnahrungsmitteln wie Bohnen und Mais, aber die liefern nicht die Vielfalt an Nährstoffen, die für eine gesunde Ernährung erforderlich ist.

Petronilla steht und hält ihr kleines Kind auf dem Arm.
Petronila kann seit der Covid-19-Pandemie ihre Stickkunst nicht mehr verkaufen. Nelson Cadenas

Familieneinkommen leidet unter der Corona-Pandemie

Petronila (22) lebt mit ihrer einjährigen Tochter und ihrem vierjährigen Sohn in einem abgelegenen Dorf. Sie erwirtschaftet ein kleines Einkommen mit dem Verkauf von bestickten Gewändern, ihr Mann ist nach mehreren gescheiterten Kaffeeernten zum Arbeiten nach Honduras gegangen. 

Die Familie erhält Geldtransfers von Plan International, die sie zum Kauf von Mais und Bohnen verwenden. „Als Covid-19 unsere Gegend erreichte, konnte ich meine Stickkunst nicht mehr verkaufen. Die Straßen waren gesperrt und es gab kaum Transportmöglichkeiten zu den Märkten und Städten. Die Fahrpreise stiegen enorm, und auch die Lebensmittelkosten wurden erhöht.“

Eine junge Frau sitzt in ihrer Küche und schaut in die Kamera.
Gloria lebt im Bezirk Alta Verapaz. Nelson Cadenas
Ein kleiner Junge hält eine Banane in der Hand und schaut ernst in die Kamera.
Mit der Unterstützung von Plan International können sich Familien wieder eine größere Auswahl an Lebensmitteln kaufen. Nelson Cadenas

Abwechslungsreichere Ernährung durch Bargeldtransfers

Gloria (18) bekam ihr erstes Kind mit 16 Jahren. Sie lebt mit ihren Eltern in Alta Verapaz, und ihre Familie ist auf traditionelle Weberei angewiesen. „Seit die Pandemie ausgebrochen ist, haben wir nur zweimal am Tag gegessen, weil es keine Lebensmittel mehr gab“, sagt sie. 

„Seit die Pandemie ausgebrochen ist, haben wir nur zweimal am Tag gegessen, weil es keine Lebensmittel mehr gab.“

Gloria (18)

In jüngster Zeit haben die Geldtransfers von Plan International es ihnen ermöglicht, eine größere Auswahl an Lebensmitteln zu kaufen, darunter auch Obst und Fleisch, zuvor ein unerschwinglicher Luxus. „Mit dem Geld, das sie mir gegeben haben, essen wir jetzt dreimal am Tag“, sagt Gloria. 

Insgesamt leistet Plan International Guatemala lebensrettende Unterstützung für mehr als 6.000 ländliche Haushalte in Alta Verapaz und El Quiché, die von mittlerer und schwerer Ernährungsunsicherheit bedroht sind. 

Der Nothilfe-Fonds

Weltweit nimmt die Zahl der Krisen zu: Hunger, Krankheiten, Naturkatastrophen und bewaffnete Konflikte bedrohen Gesundheit, Lebensgrundlagen und die Zukunft von Millionen Menschen. Gerade Kinder sind in unübersichtlichen Situationen der Not oft diejenigen, die am wenigsten Beachtung finden. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, betroffene Kinder und ihre Familien zu unterstützen.

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Dieser Artikel wurde mit Material aus dem guatemaltekischen Plan-Büro erstellt.

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