Spargruppen ermöglichen neue Berufsschancen in Vietnam

Foto: Plan International

Die Corona-Pandemie hat den Alltag vieler Menschen komplett umgekrempelt. Kontaktbeschränkungen und Grenzschließungen stellen Bewohner:innen der ländlichen Regionen in Vietnam immer noch vor Herausforderungen: Landwirt:innen können ihre überschüssigen Produkte nicht wie gewohnt verkaufen, und Menschen, die in Grenzgebieten wohnen und arbeiten, verlieren ihre Jobs. Die Familie von Yen Nhi ist kreativ geworden, um sich an die neue Situation anzupassen und hat ein neues Geschäftsmodell auf die Beine gestellt.

„Meine Mutter ist eine Shipperin. Mein Vater sagt, dass Shipper:innen helfen, Essen zu denen zu bringen, die es brauchen.“

Yen Nhi (7), aus Vietnam

Immer, wenn sie das Geräusch eines Motorrads hört, rennt die siebenjährige Yen Nhi aufgeregt in den Hof und wartet auf ihre Mutter, die nach Hause kommt. „Meine Mutter ist eine Shipperin“, erzählt sie stolz. „Mein Vater sagt, dass Shipper:innen helfen, Essen zu denen zu bringen, die es brauchen.“

Lieferant:innen auf Motorrädern, in der Gegend „Shipper:innen“ genannt, werden in Vietnam immer häufiger. Jeden Tag sammeln sie Waren ein und bringen sie ihrer Kundschaft. Diese Dienstleistung ist in Zeiten der Pandemie noch wichtiger geworden: In Vietnam gibt es strenge Einschränkungen der sozialen Kontakte und der Bewegungsfreiheit, um die Verbreitung von Covid-19 einzudämmen.

Yen Nhi wird dieses Jahr acht Jahre alt. Ihr kleiner Bruder Nhat Duy ist fünf und ist ein Patenkind bei Plan International. Nach den Neujahrsferien wurden die Schulen geschlossen, seitdem hat keines der Kinder mehr den Unterricht besucht. Die Eltern arbeiteten vor der Pandemie jenseits der Grenze in Laos, wo sie Reis und Bananen anbauten. Doch als die Grenzen geschlossen wurden, konnten sie nicht mehr arbeiten und verloren ihre Einkommensquelle. Nhis Vater Di wurde von der Gemeinde beauftragt, während der Nacht die Grenze zu wachen, um illegale Migration zu verhindern.

Nun musste Phuc, Nhis Mutter, die finanzielle Versorgung der Familie übernehmen, und war somit für ihren Ehemann, ihre zwei Kinder und ihre Mutter verantwortlich. In dem Bewusstsein, dass die Situation noch einige Zeit andauern könnte, mussten Do und Phuc einen neuen Weg finden, um Geld zu verdienen. „Wir haben viel diskutiert, und schließlich beschlossen, Geld von dem Sparkonto abzuheben, das wir seit etwa vier Jahren durch eine Spar- und Darlehensgruppe von Plan International haben. In dieser schwierigen Zeit waren wir sehr dankbar, dass wir einige Ersparnisse für unsere Familie angesammelt haben“, erklärt Phuc.

In den Nachbardörfern bauten die Bäuer:innen mehr an, als sie brauchten, um ihre Gemeinden zu versorgen. Aber wegen der Abriegelungen im Zuge der Pandemie-Bekämpfung konnten sie die Produkte nicht wie gewohnt verkaufen. Phuc und ihr Mann beschlossen, einen Sammel- und Lieferservice zu gründen, damit die Lebensmittel in andere Dörfer gelangen und verkauft werden können. Dieses Geschäftsmodell bringt ihrer eigenen Familie ein Einkommen und ermöglicht es den Landwirt:innen, ihre Waren trotz der Pandemie-bedingten Einschränkungen zu Kund:innen zu bringen.

Phuc auf ihrem mit Gemüse beladenen Roller.
Phuc und ihr Mann Do mussten sich während der Corona-Pandemie ein neues Geschäftsmodell überlegen. Foto: Plan International

Lebensmittelverkauf über den eigenen Facebook-Online-Shop

Di und Phuc hatten an Weiterbildungen zu Haushaltsökonomie teilgenommen, organisiert von Plan International. Nun war es an der Zeit, das Gelernte in die Tat umzusetzen: „Natürlich gibt es einen großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, aber eine gewisse Grundlage zu haben, hat uns schon Selbstvertrauen gegeben“, berichtet Phuc.

Eine der Herausforderungen, die Phuc beim Aufbau ihres Unternehmens meistern musste, war die Einarbeitung in den Online-Bestellprozess. Sie fotografiert die zum Verkauf stehenden Produkte und postet die Bilder auf ihrer Facebook-Seite. Wenn Bestellungen eingehen, liefert sie die Lebensmittel mit dem Motorrad, stets darauf bedacht, ihre eigene Gesundheit und die ihrer Kunden zu schützen.

„Zum Glück vertrauen die Kunden uns, weil es allgemein bekannt ist, dass Van Kieu-Leute wie wir keinen chemischen Dünger in der Landwirtschaft benutzen. Ich bin nicht sehr gut darin, Texte zu den Produkten zu schreiben, und die Fotos, die ich mache, sind auch nicht sehr schön. Aber ich denke, dass ich mit Hilfe von Plan-Mitarbeitern lernen kann, meinen Online-Auftritt zu verbessern“, sagt sie.

„Ich denke, dass ich mit Hilfe von Plan-Mitarbeitern lernen kann, meinen Online-Auftritt zu verbessern.“

Phuc, betreibt mit ihrem Mann Do ein Geschäft

Phuc versucht, all ihre Lieferungen in der ersten Hälfte des Tages zu erledigen, damit sie die andere Hälfte mit ihrer Familie zu Hause verbringen kann. Aber an manchen Tagen, wenn die Aufträge zahlreich sind, muss sie den ganzen Tag arbeiten. „Für den Übergang während der Pandemie ist das schon in Ordnung, und wir kommen über die Runden. Das Einzige, was mir Sorgen bereitet, ist dass meine Kinder so lange zu Hause bleiben müssen, wenn die Situation noch länger anhält. Mein Mann muss auch arbeiten, und ich habe nicht immer die Zeit, mich um ihre Schulaufgaben mit ihnen zu kümmern. Weil die beiden so jung sind, sind sie noch nicht in der Lage, das alles selbstständig zu machen, und manchmal vergessen sie, ihre Aufgaben zu erledigen. Ich hoffe also inständig, dass sich die Situation bald wieder einrenkt.“

Yen Nhi ist froh über die beruflichen Entwicklungen ihrer Eltern: „Ich freue mich immer, wenn Mama Dinge ausliefern fährt, denn wenn sie wieder heimkommt, bringt sie mir oft schöne Sachen wie Kuchen mit“, erzählt sie aufgeregt.

Wenn sie an die Zeit nach Corona denkt, malt sich Phuc aus, wie sie ihren Lieferservice verbessern kann. „Sobald meine Kinder wieder zur Schule gehen können, habe ich Zeit, mehr über das Online-Geschäft zu lernen, bessere Texte zu schreiben und schönere Fotos zu machen. Dann kann ich noch mehr landwirtschaftliche Produkte verkaufen, um uns und anderen Dorfbewohnern zu helfen.“

Yen Nhi trägt einen Kürbis auf der Schulter.
Yen Nhi freut sich: Wenn ihre Mutter von der Arbeit nach Hause kommt, bringt sie ihr Leckereien mit. Foto: Plan International

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